Mit Bildern und Tönen kommunizieren

Heimradio, Spitalfernsehen, Spitalradio und Hauszeitung als Chance

Audiovisuelle Medien können persönliche Kommunikation verhindern, wenn sie «dazwischen» stehen. Sie können sie fördern, wenn sie zwischen zwei Partnern vermitteln. Dann erfüllen sie ihre Funktion als «soziale Kommunikationsmittel». Diese geht in der heutigen Medienwelt, in der Medien vor allem als Ware gehandelt werden, oft verloren. Zwischenmenschliche Kommunikation fördern können die Massenmedien Radio, Fernsehen und Presse auch, wenn sie als Gruppenmedien. zum Beispiel im Heim oder Spital, eingesetzt werden. Vier solche Beispiele sowie Gründe dafür und dagegen werden hier vorgestellt und Schlussfolgerungen daraus gezogen. Zuerst wird das Beispiel Radio Kühlewil vorgestellt.

Im Herbst 1986 wurde im Alters- und Pflegeheim Kühlewil (3086 Zimmerwaid) ein Heimradio eingerichtet. Die damals etwa 180 Heimbewohnerinnen und Heimbewohner und ebenso vielen Angestellten empfingen regelmässig auf Kanal 2 des Telefonrundspruchs den eigenen Sender «Radio Kühlewil». Das Programm bestand aus Gratulationen und Berichten, es orientierte über Angebote und Einrichtungen des Heimes, brachte Porträts von Bewohnern und Mitarbeitern sowie Nostalgiebeiträgen. Nach sechs erfolgreichen Jahren wurde nach dem Wegzug des Heimleiters das Radio eingestellt. Im Herbst 1993 begann der Hilfspfleger Gottfried Gasser es wieder zu beleben. Sein Platten- und CD-Repertoire umfasst etwa 5000 Musiktitel aus der Zeit zwischen 1940 und heute. Geplant sind für die Zukunft tägliche Wunschkonzerte und informative Kurzbeiträge über Bereiche und Einzelpersonen im Haus. Mit einem Flugblatt werden gegenwärtig fünf Mitarbeiter unter den Bewohnern und Angestellten gesucht. Mit dem internen Radio soll versucht werden, im verhältnismässig grossen Heim die interne Information und Kommunikation zu verbessern.

Beispiel TV Adullam

Seit 1987 gibt es im Geriatriespital und Alters- und Pflegeheim der Basler Adullam-Stiftung (Mittlere Strasse 15, 4003 Basel) mit insgesamt 270 Bewohnern und 250 Angestellten ein internes Spitalfernsehen. Das Haus, das in seiner geistigen Haltung der Tradition verpflichtet ist, hat sich schon früh mit einem internen Fernsehen versucht. Dieses stellt einen integrierten Bestandteil im Adullam dar. Täglich wird um 10 Uhr, 15 Uhr und 17 Uhr ein Programm ausgestrahlt respektive wiederholt. Es besteht aus Informationen, Kurzberichten aus der Region oder Aktualitäten aus dem Haus. Auch Personalmutationen können über diesen Kanal bekannt gegeben werden. Womöglich werden bei den Aufnahmen die Pensionäre miteinbezogen. Die Leitung liegt in den Händen von Felix Gilgen, einem Mitglied der Geschäftsleitung. Seit kurzem besteht ein zweiter Kanal, welcher nur für Informationen da ist. Das Adullam-Spitalfernsehen wird auch für die Weiterbildung und Schulung des Personals eingesetzt. Mit diesem Projekt wird versucht, durch Informationen und Unterhaltung über den Bildschirm die Beziehungen zwischen Bewohnern, Personal und der Umgebung zu intensivieren und zu verbessern.

Beispiele Spitalradio

Spitalradios gibt es an verschiedenen Orten der Schweiz. Die sicherlich am besten ausgerüstete Einrichtung dieser Art ist das Radio Unispital Zürich (Postfach 77 Nord, 8091 Zürich). Hier machen über fünfzig ehrenamtliche junge Leute ein Radioprogramm fürs Spital. Inhaltlich sind die Schwerpunkte nicht wesentlich anders als beim Heimradio oder Heimfernsehen.

Mustergültig ist das Zürcher Projekt in der personellen Besetzung und in der technischen Ausrüstung. Einige neuere Aktivitäten des Radios Unispital sind Sendungen mit Fachleuten zu speziellen Themen wie «Die Pflege – wo sie beginnt, wo sie endet» mit Rega-Mitarbeitern und der Kantonspolizei oder zum Thema «Gewalt» ein Gespräch mit Allan Guggenbühl. Das Radio Unispital bemüht sich zudem, die Zusammenarbeit zwischen ähnlichen Radioexperimenten zu intensivieren.

Beispiel Hauszeitung

Hauszeitungen sind eine Einrichtung, die es schon lange gibt. Sie entstanden oft aus der Idee der Firmen-, Institutions-, der Vereinszeitung und werden von internen oder externen Profis mit mehr oder weniger Mitarbeiter der Bewohner realisiert. Als sinnvoll erweist sich auch die Lösung mit einer Redaktionskommission aus Vertretern des Personals und der Bewohner. Weiterführende Auskünfte sind erhältlich bei Hugo Schmidt, Ausbildungsleiter des Verbandes der Schweizerischen Personalzeitungsredaktoren, Schützenstrasse 6, 6003 Luzern.

Ähnliche Beispiele im Radio-, Fernseh- und Zeitungsbereich gibt es auch anderswo. Zum Teil funktionieren sie erfolgreich; zum Teil wurden sie wieder eingestellt. Oft sind es vage Ideen oder konkrete Konzepte. Zur grundsätzlichen Diskussion der Thematik folgen hier einige Gründe dafür und dagegen. Es sollen Chancen und Grenzen von internen Radios, Fernsehen oder Heimzeitungen in Institutionen wie Altersheimen und Spitälern diskutiert werden.

Pro-Gründe

  • Massenmedien, wiewww.hanspeter.stalder.ch Radio, Fernsehen oder Zeitung, bieten Möglichkeiten zur Animation. Sie stellen anspruchsvolle Formen von Aktivierungstherapie dar.
  • Ein solches Medium kann den Informationsaustausch zwischen Klienten und Personal vor allem in grösseren Heimen verbreiten und vertiefen.
  • Wie bei den Massenmedien allgemein kann, bei sinkender Mobilität der Klienten vor allem, durch ein Projekt mit Gruppenmedien die «Welt ins Heim geholt» werden.
  • Projekte für die interne Kommunikation vermitteln den in den verschiedensten Funktionen Beteiligten Selbstsicherheit und Selbstwertgefühl.
  • Es kann damit die oft erlebte Funktionslosigkeit älterer Menschen überwunden werden, indem sie durch diese Aufgaben gefordert und gefördert werden.
  • Durch solche Projekte werden die in einem Heim vorhandenen Ressourcen, das Wissen und die Erfahrungen, das «ganze gelebte Leben» genutzt.
  • Selbst mit Medien arbeiten hilft, sich der Macht und Manipulation durch die Massenmedien zu entziehen und sich ansatzweise zu befreien.
  • Wie jede andere Projektarbeit dürften auch diese Medienprojekte die Kommunikation zwischen allen Beteiligten bereichern .

Kontra-Gründe

  • Noch mehr audiovisuelle Medien verdummen! Dieser Einwand ist ernst zu nehmen, wenn das Projekt die personale Kommunikation ersetzt.
  • Die Technik des Radio- und Fernsehmachens, weniger jene der Zeitungsarbeit, ist für viele ältere Menschen neu und ungewohnt. Deshalb gilt es, Ängste abzubauen.
  • Der Einwand der relativ hohen Kosten fürTechnik, Infrastruktur und Personal darf nicht übersehen werden. Er ist zu analysieren und innovativ zu entkräften.

Folgerungen

Eine Hauszeitung drucken, ein internes Radio oder Fernsehen produzieren, weil es modern und chic ist, lohnt sich nicht.

Davon sollte man Abstand nehmen. Bevor damit begonnen wird, ist es nötig, ein Konzept zu erarbeiten und die konkreten Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Ein solches Medienkonzept soll Bestandteil eines umfassenden Aktivierungs- und Kommunikationskonzeptes sein. Dafür sind die aktuellen Bedürfnisse und Möglichkeiten zu untersuchen. Erst dann bekommt ein solches Radio- oder Fernsehprojekt Wert und macht es Sinn.

Für all das ist ein umfassendes Wissen über Sozialarbeit, Animations- und Medienarbeit nötig. Von der Projektleitung wird die Fähigkeit und von der Projektsituation die Möglichkeit systemischen Arbeitens verlangt. Wenn dabei vernetzt vorgegangen wird, ist eine Synergie der Wirkungen zu erwarten. Dann arbeiten Sozialarbeit, Animationsarbeit und Medienarbeit zusammen und verstärken sich gegenseitig.

Ausweitungen

Ein solches Projekt erhält eine zusätzliche, nämlich eine Gemeinwesenarbeit-Dimension, wenn eine Zusammenarbeit beispielsweise mit einer Pfarrei, einer Schule oder andern Bildungseinrichtung angestrebt wird. Dadurch könnte etwa das Anliegen einer verbesserten Kooperation zwischen alt und jung einbezogen werden.

Eine zweite Ausbaumöglichkeit erhält das Projekt, wenn die Dimension Öffentlichkeitsarbeit mitgedacht wird. Text-, Ton- oder Bildbeiträge, die von «drinnen», vom Innern einer Institution, berichten, können für die «draussen», die breite Bevölkerung, nützlich sein. Dies im Sinne eines Versuchs, Öffentlichkeitsarbeit und Sozialarbeit zu verbinden.