«Alles wird besser» - Fotografien von Hans Steiner

Die Fotostiftung Schweiz in Winterthur zeigt eine umfassende Schau des Fotografen Hans Steiner (1907–1962), welcher vor allem den sich verbessernden Schweizer Alltag der Nachkriegszeit dokumentiert.

Sein vielfältiges Werk umfasst neben Reportagen und Porträts auch Fotos für Werbung, Mode und Industrie. Ab den dreissiger Jahren erschienen seine Bildberichte in der «Schweizer Illustrierte», «Sie & Er» und nach dem Krieg «Die Woche», womit er zeitweise einen Viertel aller Schweizer Haushalte erreichte. Gegen Ende seiner Karriere ordnete er sein Oeuvre in einem Archiv, das rund 100’000 nach Stichworten abgelegte Sujets umfasst und das für seine erste Retrospektive in Winterthur systematisch ausgewertet wurde.

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Schwimmbad, Bern, 1945 – 1950, © Musée de l’Elysée

Die Ausstellung «Alles wird besser» gibt die Stimmung wieder, die in der Nachkriegszeit in der Schweiz geherrscht hat. Im Vergleich mit andern Fotoreportern seiner Zeit verfolgte Steiner keine politischen oder sozialkritischen Ziele. Während sich Zeitgenossen wie Hans Staub, Paul Senn oder Theo Frey häufig mit den Aussenseitern der Gesellschaft solidarisierten oder Missstände anprangerten, stellte Steiner die positiven Seiten des Lebens dar. Dennoch widmete er sich den unbekannten «Heldinnen des modernen Lebens», den Arbeiterinnen, Bäuerinnen, Konsumentinnen, Schauspielerinnen und vor allem den Sportlerinnen. Insgesamt drückt seine Vorliebe zu den kleinen Ereignissen und Phänomenen des Lebens die Glücksmomente im harten Alltag aus. Sport, Autos, urbanes Leben, Freizeitvergnügen, Reisen in fremde Länder, Fliegen oder technische Errungenschaften nehmen in seinem Werk einen wichtigen Platz ein. In vielen Sportfotos bilden Zuschauer ein Bindeglied zwischen den Sportlern und uns. Steiner wird zum Beobachter der Beobachter. Damit dürfte er viele von uns zurückführen in Zeiten, als die sonntäglichen Autofahrten aufs Land zu den wöchentlichen Höhepunkten zählten, als Radio Beromünster täglich die Morgengymnastik ausstrahlte, als beim denkwürdigen Fussballmatch gegen Deutschland die Schweizer siegten.

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Morgengymnastik, um 1942, © Musée de l’Elysée

«Alles wird besser» heisst es zum Wirtschaftsboom, zum Bau neuer Fabriken, der Modernisierung der Produktionsmittel und Erweiterung der Produktionen. Selbst wenn es sich um das Bergdrama wie im Sommer 1936 an der Eigernordwand handelt, strahlen jene damals noch seltenen Fotos aus dem Flugzeug letztlich Fortschritt aus. Ähnlich wie die über 500 Fotografien der in die Schweiz eingeladenen belgischen Flüchtlingskinder. So drücken auch die Aufnahmen von Winston Churchill anlässlich seines Besuches in Zürich im September 1946 und von General Guisan, auch jenes kolorierte Bild, das in allen Stuben hing, eine tief verwurzelte und Gemeinschaft bildende patriotische Stimmung aus.

Auch stilistisch unterscheidet sich Hans Steiners Fotografie von andern, die einem strengen Dokumentarismus verpflichtet sind. Viele seiner Auftragsarbeiten wurden subtil arrangiert, sind meisterhaft ausgeleuchtet und sprechen eine prägnante grafische Bildsprache. Seine gestalterischen Interventionen stossen heute wieder auf Interesse, entsprechen sie doch einem modernen ästhetischen Empfinden, welches die strikte Trennung von «inszenierten» und «authentischen» Bildern für obsolet erklärt. Vor diesem aktuellen Hintergrund können auch Steiners Fotografien neu gelesen werden. Frisch und unerwartet wirken die Bilder von Szenen und Orten der Stadt Bern, in welchen die von oben aufgenommen Dinge und Personen stilisiert und geometrisiert werden. Gesteigert auch das Eis laufenden Mädchen auf dem See von Sils- Maria, bei welchem das Sujet zu einem Symbol für Schönheit und Eleganz verwandelt wird.

 

Sils-Maria, um 1940, © Musée de l’Elysée

Aus den meisten seiner Fotografien spricht etwas Aufbauendes, Zukunftsträchtiges, Optimistisches, dem Fortschrittsglauben der fünfziger Jahre Verpflichtendes, wonach es für jedes Problem eine Lösung gibt. Damit wirkte er der Zerrissenheit unserer Zeit entgegen. Fliegen, Flugzeuge, Flugaufnahmen diente ihm dazu, die Welt zu erkunden, aber auch, sich selbst und die Betrachter seiner Bilder unbeschwert in die Lüfte zu heben.

Das bewusste Flanieren durch die Ausstellung verhilft den Besuchern zu einem ganzheitlichen Eintauchen in die damaligen Schweizer Realitäten, die viele von uns noch selbst erlebt haben. Das Damals mit dem Heute vergleichen macht vieles bewusst, klärt manches auf, löst Gefühle aus. Unser Erinnern an früher Erlebtes erweist sich nicht als Eskapismus, sondern als ein Einbauen des längst Vergessenen und Verschütteten in unsere heutige Persönlichkeit – was belebend und bereichernd wirken kann.

Die Ausstellung dauert bis zum 9. Oktober. Sie wurde vom Musée de l’Elysée in Lausanne durch Daniel Girardin und Jean-Christophe Blaser kuratiert und für die Fotostiftung von Peter Pfrunder adaptiert. Girardin und Blaser haben die Publikation «Hans Steiner – Alles wird besser», Musée de l’Elysée Lausanne, Limmat Verlag 2011, 69 Franken, herausgegeben. Neben weiteren Zusatzprogrammen wird in Winterthur ein halbstündiger Film über den Fotografen gezeigt.

www.fotostiftung.ch