«Die Schweizermacher» im Weltformat

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Am 16. September startete das Mundart-Musical «Die Schweizermacher», nach dem gleichnamigen Schweizer Erfolgsfilm aus dem Jahre 1978 – der für viele noch in bester Erinnerung sein dürfte. Nach der Vorpremiere, bei der es nur strahlende Zuschauerinnen und Zuschauer, immer wieder Szenenapplaus, eine Standing Ovation und einen kaum endenden Schlussapplaus gab, lasse ich mich gerne auf eine Wette ein: Dieses Musical wird mehr als ein Jahr lang gespielt.

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Im Sprachlabor: «Choge cheibe Böle.»

Die neue ist die alte Geschichte

Die Musical-Story ist, mehr als dreissig Jahre nach der Film-Story, aktuell wie eh und je. Rolf Lyssys damalige Eingabe an den Bund für eine Subventionierung wurde abgeschmettert mit der Begründung: «Es ist moralisch unverantwortlich, dieses Projekt zu unterstützen.» Das Schweizer Volk hat anders entschieden und den Film zum erfolgreichsten Schweizer Kinofilm gemacht. Mehr als eine Million Menschen haben ihn in der Schweiz, 900‘000 in Deutschland gesehen, und noch heute werden jährlich 3000 DVD davon verkauft. Drei Jahrzehnte nach diesem Erfolg haben mutige Produzenten fünf Jahre lang das wohl aufwändigste Schweizer Musical vorbereitet und entwickelt. Sie haben sich dafür erfahrene künstlerische und technische Mitarbeiter geholt, über 150 Schauspieler/-innen, Sänger/-innen und Tänzer/-innen an neun Treffen gecastet und schliesslich ein 20-köpfiges Ensemble zusammengestellt.

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Moritz Fischer und Milena Vakulic, die heimlich Verliebten

Von 1978 bis 2010 weiterentwickelt

Reizvoll ist es, mit der Film-Geschichte im Hinterkopf jetzt die Musical-Geschichte zu sehen und dabei in den Erinnerungen an die 70er Jahre zu schwelgen. Damit ist das Verständnis gewährleistet und die Überraschung durch unvorhergesehene Zutaten auch. Max Bodmer und Fritz Fischer, die Hauptfiguren dieser ironisch-satirischen Komödie um Schweizer Sein und Schweizer Werden, sind Beamte der Kantonspolizei. Sie überprüfen einbürgerungswillige Ausländer auf ihre Tauglichkeit, Eidgenossen zu werden. Wer die Staatsbürgerschaft will, der hat sich nicht nur in der Schweizergeschichte auszukennen, sondern muss auch einen tadellosen Eindruck hinterlassen. Ob zu Hause oder an der Arbeit, nie ist der Möchtegernschweizer vor den Bürokraten sicher. Denn diese sind streng, stur, hartnäckig und schreiben akribisch jede Eigenheit der Kandidaten auf. Bodmer kennt keinen Pardon. Auch bei seinem Zögling Fischer nicht, der noch ein etwas menschliche Nähe zulässt. Auf die Einbürgerung vorbereiten wollen sich ein deutsches Arztehepaar, eine in der Schweiz geborene, aus dem Balkan stammende Tänzerin und eine Familie aus Italien. Wie an diesen Personen die Vielfalt des menschlich allzumenschlichen Verhaltens bei dieser patriotischen Mutation durchgespielt wird, ist ein wahrer Genuss – und weil wir uns immer wieder selbst an der Nase nehmen müssen, auch ein Anlass zum Nachdenken.

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Dr. Helmut und Gertrud Starke beim Fondue

Das Team im Hintergrund und die Stars im Vordergrund

Hochkarätig ist das ganze Kreativ-Team. Die Musik und die Songtexte stammen von Markus Schönholzer, Komponist des Musicals «Deep» und der Filmmusik der «Standesbeamtin». Autor des Buchs ist der Aargauer Theatermann Paul Steinmann, bekannt als Verfasser der «Morgengeschichten» auf DRS, der Soup «Fascht e Familie» und des Musicals «Heidi». Zum Duo stiess später Stefan Huber, der Regisseur des Musicals «Heidi», der aktiv zur Stückentwicklung beitrug und Regie führte. Und im Hintergrund war Rolf Lyssy Berater und Begleiter des Projektes.

In den Hauptrollen sind der Bühnen- und Filmschauspieler Andrea Zogg als Max Bodmer, der Musicaldarsteller Rolf Sommer als Moritz Fischer und die Musicaldarstellerin Iréna Flury als Milena Vakulic. Begleitet wird das Ensemble von einer fünfköpfigen Liveband.

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Francesco Grimolli als Tell mit Familie

Eine rundum gelungene Aufführung

Den Gesamteindruck kann ich nur mit «fantastisch!» beschreiben. Nirgends verspürt man Beschränkung, Kleinkariertheit oder Mängel. Es scheint, dass das Team hier seine Träume voll realisieren konnte. Und wenn man die einzelnen Bereiche und Beteiligten genauer anschaut, weiss man, woher dieser Eindruck kommt: aus der Professionalität und dem Einsatz aller.

Das Musical basiert auf dem Film, der seinen Erfolg der Tatsache verdankt, dass er gut unterhält und gleichzeitig Witz, d. h. Geist, hat, der uns gelegentlich an empfindlichen Stellen trifft und zum Nachdenken reizt. Das Buch gibt die Entwicklung und den Rhythmus vor und enthält vielen lustige und zum Teil doppelbödige Formulierungen und Anspielungen.

Die Musik und die Songs sind singbar und eingängig, einige könnten zu Ohrwürmern werden. Das Music-Design zwischen weichem Rock und gehobenem Schlager, wechselnd zwischen leise-sentimental und laut-dramatisch, zwischen Soli und Tutti, durchwegs von ausgezeichneten Sängerinnen und Sängern interpretiert. Einzelne hervorheben, wäre unfair, alle sind grossartig.

600 Kleidungstücke werden im Stück getragen, grösstenteils aus Berliner Second Hand-Shops, 20 Prozent sind Neuanfertigungen, exotische Stücke kommen aus Afrika und Ecuador. 60 Perücken werden getragen, die in der Schweiz und auf Bali in einem Schweizerbetrieb handgeknüpft wurden. Verantwortlich dafür ist Heike Seidler, die bis ins kleinste Detail für Perfektion besorgt war.

Ausgezeichnet auch die Choreographie von Simon Eichenberger: temporeich und die Aussagen verstärkend. Die Musicaldarsteller «spielen wie Schauspieler, singen wie Sänger und tanzen wie Tänzer», meint Lyssy, der an der Vorpremiere vom Musical zu seinem Film überwältigt und des Lobes voll war. Diesem Lob kann man sich nur für allen Beteiligten auf der Bühne mit einem grossen Bravo anschliessen.

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Die Einbürgerungskommission im Schweizerkreuz

Die Bühne ein riesiger Aktenschrank

Einmalig die Bühnengestaltung von Stephan Prattes und die Lichtregie von Peter Platz. Was da mit einer komplizierten Elektronik hingezaubert wurde, ist einfach sensationell. Die Bühne ist gefüllt mit einem altmodischen Aktenschrank oder mit viereckigen Boxen. In den grösseren sind ganze Wohnräume untergebracht, in den kleineren sitzen Personen. In Sekundenschnelle wechseln die Szenen, gesteuert von einer komplizierten Elektronik, die in viermonatiger Arbeit in den Bavaria-Studios in München entwickelt wurde. Sieben Sattelschlepper transportierten die Bühnenelemente nach Zürich. Allein der Ein- und Zusammenbau in der Maag-Halle dauerte acht Wochen. Neun Tonnen Material wurden verbaut und elf Kilometer Kabel verlegt. Noch bei den Aufführungen sorgen zehn Bühnentechniker hinter den Kulissen für einen perfekten Ablauf.

Ein grosses Lob gehört zum Schluss den Produzenten für ihren Mut, mit einem mehr als fünf Millionen-Budget, ohne staatliche Unterstützung, aus eigener Kraft und mit potenten Sponsoren, dieses Werk realisiert zu haben.

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Frau Galli mit Bodmer beim Standardtanz

… und was ich noch sagen wollte:

Wer es liebt, selbst oder zusammen mit andern auf den Arm genommen zu werden, wer an witzigen Wortspielen, an temporeichen Tanznummern, eingängigen Melodien und einem begeisternden Schauspiel seine Freude hat, der wird beim Musical «Die Schweizermacher» auf die Rechnung kommen.

Und noch etwas: «Die Schweizermacher» eignen sich als Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk für Partner, Freunde oder ganze Gruppen. Früh bestellen lohnt sich; denn bereits bis zur Premiere waren über 20'000 Karten verkauft. Weitere Auskünfte: www.dieschweizermacher.ch oder 0900 101 102.