«Geri»: ein Hit von Suter und Eicher

Eine urbane «Kleinen Niederdorfoper» ist Martin Suter und Stephan Eicher mit «Geri» und Michael Neuenschwander in der Hauptrolle gelungen.

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Michael Neuenschwander (Geri) zwischen Bernhard Bamert (Trombone), Roberto Guerra (der alte Barmann im Limbo) und Sarah Hostettler (die neue Bedienung)

Über Geri Weibel, der versucht, stets mit den wechselnden Szene-Moden mitzuhalten und dabei kaum ein Fettnäpfchen auslässt, schrieb Suter fünf Jahre lang Kolumnen für das «NZZ Folio». 2009 sind sie unter dem Titel «Richtig leben mit Geri Weibel» im Diogenes Verlag erschienen. Basierend auf diesen Texten haben Martin Suter und Stephan Eicher das schweizerdeutsche Ensemble-Singspiel «Geri» verfasst, und ist unter der Regie von Stefan Bachmann und mit Michael Neuenschwander in der Titelrolle eine neue Kultfigur entstanden.

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Roberto Guerra, Martin Rapold (der Trendbarometer), Sarah Hostettler, Jan Bluthardt (die Modeautorität) und Nicolas Rosat (das Gewissen): Die im «Limbo» versammelte Clique weiss immer, was «in», was «out» ist.

«Was dörfs sii? Die schwerschti Frag im Läbe!» Bloody Mary oder Cüpli? Red Bull Rum oder doch einen einfachen Campari Soda? Entsetzlicherweise beschränken sich Geri Weibels Entscheidungen, die er allabendlich dutzende Mal im Szenenlokal «Limbo» nicht nur auf die Getränkekarte, sondern treffen auch zu, wenn es um die richtige Begrüssung, modische Kleider und Accessoires, die politische Einstellung oder eine neue Freundin geht. Gemeinsam mit den anderen höchst trendbewussten Stammgästen – Robi Meili, der Trendbarometer, Carl Schnell, das Gewissen, und Susi Schläfli, das weibliche Element im Club – geht Geri hier durch alle Hochs und Tiefs, welche Freunden und bisweilen auch Konkurrenten zustossen können. Bis eines Tages Aira die neue Bedienung in sein Leben tritt…

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Jean-Paul Brodbeck (Piano und Bandleader), Ivo Schmid (Bass), Christian Niederer (Drums), Manuel Troller (Guitar) reissen nicht nur die Schauspieler, sondern auch das Publikum mit.

Zwei «Auslandzürcher», der international erfolgreiche Schriftsteller Suter und der vor allem in Frankreich reüssierende Musiker Eicher, schrieben diese augenzwinkernde Hommage an ein urbanes, modernes, junges Zürich – sozusagen das Gegenstück zur «Kleinen Niederdorfoper», in der Heiri, das Knechtli aus der Innerschweiz, sich ins Zürcher Vergnügungsviertel stürzt. Im neuen Singspiel ist es Geri Weibel, ein Single, der immer etwas neben den Schuhen steht und krampfhaft versucht, dies auszubügeln, was ihm, dem scheuen, gehemmten, doch sympathischen «Mann ohne Eigenschaften» jedoch kaum einmal gelingt. Die Persönlichkeit Geris ist im Stück und war schon in den Kolumnen so angelegt, dass sich viele nicht mehr ganz Jungen und viele noch nicht ganz Erwachsenen darin wiedererkennen. «Ich würde sagen, wir alle sind Geri, ich bin es», bekennt Eicher freimütig. Die älteren Semester unter uns erinnern sich bei Geri vielleicht an Herrn Schüüch im «Nebelspalter» der 60er- bis 80er-Jahre des Karikaturisten und Autors Hans Moser, mit dem Motto «Ja nicht auffallen!». Und andern kommt vielleicht ein Lied in den Sinn, das heute auch schon zum Volksgut gehört: Mani Matters «Hemmige». Vielleicht liegt hier der Grund, dass Geri bei so vielen ankommt. Das Stück enthält Bilder, Worte, Szene für etwas, das nicht gelebt wird, aus Furcht, nicht akzeptiert und geliebt zu werden. In solchen Ausformulierungen erhält Geri etwas Allgemeingültiges, das berührt.

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Sarah Hostettler und Michael Neuenschwander: Erst mit der Richtigen kommt Geri auch zu sich selbst.

Angenehm langsam, zum Teil regelrecht in Zeitlupe entwickelt sich die Handlung und leichtfüssig schreitet sie voran, ohne stressige Dramatik, ohne Klamauk und Action. Tiefsinnig ist das Stück wie die Hunderten von allabendlichen Partys. Doch wirklich unterhaltsam wird es, wenn wir zuhören und zuschauen können, wie sich Geri durch sein Leben wurstelt und wir ihn so gut verstehen. Die Personen spielen keine Helden eines Konfliktes, sondern sind, wie Suter sagt, «Typen, denen das Leben zustosse». Doch Banales zeigen, heisst, wie hier demonstriert, nicht unbedingt banal sein, sondern amüsant und anregend, um über sich selbst lachen zu können. Und dazu tragen, neben einem sich smart gebenden und doch gehemmt wirkenden Michael Neuenschwander auch Jean-Paul Brodbeck mit seiner jazzige Band und den Liedern von Stephan Eicher und Martin Suter bei. Die ganze Bandbreite der In- und Out-Palette breiten die übrigen Darstellerinnen und Darsteller aus, allesamt schauspielerisch und gesanglich auf der Höhe ihres Könnens. Dies gilt auch für Peter (Mike Müller) und Rita (Susanne-Marie Wrage) mit ihren Partnerproblemen. Sie machen einen dieses «Fegefeuer der Eitelkeiten», wie es Barbara Villiger Heilig nennt, zu einem gelungenen gemütlichen Aufenthaltsort, zu einem Abend eines unbeschwerten Amüsements.

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