Ein paar Worte zu «Tarantella im Fliegenkäfig» von Primo Randazzo

Lieber Primo

Ein wunderbares, verzauberndes Buch hast du uns geschenkt!

Gratulation! Bereits der Titel zeigt an, wie ich es verstehen soll. Assoziativ. Denn wie ginge das anders auf: eine «Tarantella» in einem «Fliegenkäfig». In diesem Roman wirfst du alle Gesetze der Naturwissenschaft über Bord, hältst dich stattdessen an die Regeln des Traumes, der Imagination. Wie du an einem Zipfel in eine Wirklichkeit einsteigst und an einem andern auftauchst, ist einfach phänomenal! Du deklinierst die Jahre, du konjugierst die Orte durch und du fabulierst in Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch. Ein Bild weckt andere, ein Ton ruft weitere.

Dies alles machst du in einer wunderbaren, sinnlichen Sprache, in der Sprache eines heidnisch, christlichen Sinnenmenschen, eines Mannes selbstverständlich. Hier wird geliebt, gevögelt, was das Zeug hält, aber auch geschwärmt, gewartet, gehofft, gefiebert. Und alles erstrahlt in kindlicher Reinheit und Unschuld. Oreste – wohl sicherlich dein «alter ego» – lebt sein Leben in vollsten Zügen. Ebenso wird immer wieder gegessen und getrunken. Und wer dich kennt, weiss, dass du ein Film- und Musikliebhaber bist. Also überfallen dich immer wieder Bilder und Szenen aus Filmen und Melodien aus dem Jazz, aus der Chanson-, der Song-Welt.

Warum ich dieses Buch so sehr liebe

Selbstverständlich weil es gelungene Literatur ist. Doch auch deshalb – du verzeihst mir meine «déformation professionelle», – weil ich während Jahren selbst davon geträumt habe, ein ähnlich assoziatives Buch zu schreiben, es aber nie tat. Ich war, als mir die Idee dazu kam, mit meiner Familie an einem warmen Septemberabend in einem Gartenrestaurant in Antibes. Meine Blicke gingen hinauf zum Grimaldi-Museum, wo ich mich nachmittags in de Staels Bilder vertieft hatte, in sie eingestiegen und dann in Menton in der Kirche von Jean Cocteau wieder aufgetaucht, dann in andere Landschaften, andere Beziehungen, andere Zeiten, andere Kunstwerke geswitcht war. – Doch bei mir blieb es eine Idee. Du hast das Buch geschrieben! Das freut mich, und ich gratuliere dir dazu.

Und nochmals diese «déformation»: Ein Kunstwerk wird ja, so meine ich, nur zu einem Teil vom Künstler geschaffen. Den andern Teil schaffen wir Leser, Hörer, Zuschauer. Und ich habe das Gefühl, ich hätte über weite Strecken in deinem Roman Fragmente, Momente, Blicke, Gerüche, Töne, Körper aus meinem Leben wieder erlebt. Für mich war dein Roman echte Poiesis, Er-Findung, Er-Innerung.