«Manon – Eine Person»: Eine multiple Person
Ähnlich wie Bob Dylan im Film (siehe oben) geht es der 1946 geborenen Manon während ihres ganzen Lebens, mit dem Unterschied, dass das Objekt ihrer Betrachtung stets sie selbst ist: dass Objekt und Subjekt fallen zusammen. Sie fragt nach der Konstruktion ihrer Identität, der Determinierung ihrer Rollen und hinterfragt Befindlichkeiten wie Verhüllung und Verführung, Narzismus und Exhibitionismus, Jugend und Vergänglichkeit. Scheu und schamlos verschmilzt sie kompromisslos Sinnlichkeit, Glamour und Askese, zeigt sich geschminkt, verkleidet, kahl geschoren, gestylt oder alltäglich. Sie porträtiert sich 1974 indirekt im «Lachsfarbenen Boudoir» und erinnert sich 2004: «Einst war sie Miss Rimini».
Von einer multiplen Person kann man bei Manon (und Bob Dylan) sprechen. Frei nach Wikipedia hat die multiple Persönlichkeit die Fähigkeit und Veranlagung, mehrere Teilpersönlichkeiten auszubilden. Dabei ist es möglich, dass diese abwechselnd auftreten und dabei (k)ein Bewusstsein der Existenz der anderen Persönlichkeiten haben. Unversehens beginnt man sich in dieser Ausstellung zu fragen, ob letztlich nicht wir alle solche «Multiples» sind, auch wenn das viele Theoretiker und Praktiker der Sozialen Arbeit nicht zusagt, weil Aussagen respektive Handlungen dann mehrdeutig und ambivalent werden. Ist jemand ein Asylant, ein Schwuler, ein Kiffer, so beinhaltet diese Abstempelung bloss einen Teil der Wahrheit. Der Asylant, der Schwule, der Kiffer ist immer gleichzeitig noch viel anderes. Efahrend und erlebend kann Kunst helfen, in der täglichen Arbeit die Menschen, mit denen man zu tun hat, als komplexe, multiple Menschen, nicht bloss als Zahlen oder Argumente wahrzunehmen. Das Oeuvre von Manon (und Bob Dylan) macht dazu höchst interessante Aussagen.
Ausstellung bis 20. April, www.helmhaus.org
Monografie über Manon www.scheidegger-spiess.ch