Mit Musik Grenzen sprengen!
Grenzen sprengen heisst Lebensräume öffnen, im Alltag – und in der Kunst. So geschehen bei einer aussergewöhnlichen TV-Produktion sowie mit der Musik einer Ethnoband und eines klassischen Orchesters aus Israel sowie beim berühmtesten Volkslied und mit einem kaukasischen Orchester.
«La Traviata im Hauptbahnhof» – jenseits der Konvention
Letztes Jahr hat das Schweizer Fernsehen mit der Inszenierung von «La Traviata im Hauptbahnhof» ein Ereignis von internationalem Ruf geschaffen, ohne Vorbild und Vergleich, und damit künstlerische Grenzen gesprengt: Das Hochkulturprodukt «La Traviata» von Giuseppe Verdi wurde ins Massenmedium Fernsehen geholt, die heiligen Hallen des Opernhauses mit der trivialen Bahnhofhalle vertauscht. Die Kurtisane Violetta kommt darin vom Weg ab (traviata) und gipfelt ihre Grenzüberschreitungen in höchstem Liebesglück und tiefster Todestrauer. Solche durch die Musik ausgelöste Gefühle bringen immer mehr, als sie vordergründig meinen: ihren künstlerischen Mehrwert. (Im Herbst 2009 soll im gleichen Sinn «La Bohème» in einem Berner Hochhaus realisiert werden.)
«White Flag» – eine palästinensisch-israelische Gruppe
1998 hat Urban Frye für SF mit der Ethnogruppe «White Flag», vier israelischen und vier palästinensischen Musikern, ein Projekt realisiert, das die Grenzen der politischen Realität durchbricht. Durch das Charisma der Band und das Engagement der Stadt Luzern kam es im KKL zu einem Wiedervereingungkonzert. Dass die Gruppe sich gefunden hatte und eine Zeit lang miteinander spielte, ist ein Zeichen dafür, wie es sein könnte. Dass es ihr verunmöglicht wurde, weiter miteinander zu arbeiten, ist Zeichen dafür, dass die Politik noch nicht reif ist für den Frieden. Der Film jedoch weckt die Sehnsucht, die es für jeden Wechsel braucht.
«The West-Eastern Divan Orchestra»: «Knowledge Is The Beginning.»
Paul Smaczny berichtet in einem Dokumentarfilm über das West-Östliche-Divan-Orchester und dessen berühmtes Konzert vom 22. August 2005 in Ramallah. Initiiert haben das Grossprojekt der israelische Musiker Daniel Barenboim und der palästinensische Philosoph Edward Said. Es gilt weltweit als Vorbild, indem es beweist, wie Musik helfen kann, Grenzen zu sprengen und ins Neuland zu überschreiten. Es zeigt, dass Menschen einander in der Musik begegnen können. Der Film erzählt von einer bewegenden Annäherung, einem hoffnungsvollen Miteinander, wenn es bis heute auch nur von kurzer Dauer war.
«La Paloma» – Ein Lied geht um die Welt.
Das weltweit verbreitetste Lied ist wohl «La Paloma», von dem es mehr als 2000 Versionen geben soll. Für die einen eine Schnulze, für andere ein Volkslied und die Dritten ein Protestsong, immer jedoch ein Lied, das berührt. Mehrere neue CD und ein informativer und unterhaltsamer Dokumentarfilm uns Sigrid Faltin lassen eintauchen in eine andere Welt und dann in unsern Gefühlen schwelgen. Auch das eine Form, Grenzen zu überschreiten, vom Bewussten zum Unbewussten. Dies lässt einen für sich und andere Neues erfinden. Grosse Taten und grosse Gedanken haben in ihren Anfängen oft etwas Banales, Lächerliches. Dieses anzunehmen und sich mitziehen lassen, kann auch Horizonte öffnen.
«Grozny Dreams» – Dorthin Frieden bringen, wo Krieg ist.
Mario Casella und Fulvio Mariani begleiten mit ihrem Dokumentarfilm ein Kammerorchester mit Künstlern verschiedener kaukasischer Republiken und einen deutschen Dirigenten auf ihrer Tournee. Sie wollen in den unter Krieg leidenden Regionen beweisen, dass ein friedliches Zusammenleben und -arbeiten von Menschen verschiedener Herkunft möglich ist. Doch wird es ihnen auch gelingen, nach Grozny, wo Krieg herrscht, Frieden zu bringen? Der Film macht erlebbar, welch befreiende Kraft der Musik innewohnen kann. Wenn sie politisch auch erst wenig ändert, persönlich kann etwas wachsen, was später vielleicht Frieden heisst.
Soweit fünf «Werbespots» für Musik, die auch Menschen, die in der Sozialen Arbeit tätig sind, helfen kann, persönlich und im Beruf Neues zu erfahren und das Bewusstsein zu erweitern. Doch was beim Kunsterlebnis wirklich abläuft, übersteigt obige Sätze. Beim Musik Hören erleben wir Parallelwelten zum Alltag, die sich im Glücksfall einer umfassenden Harmonie nähern, Innen und Aussen zum Einklang, zur Eintracht, zur Einheit bringen. – Und das sollen keine erstrebenswerten Lebensziele sein, selbst wenn sie erst in der Hoffnung existieren?
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«La Traviate im Hauptbahnhof», Schweizer Fernsehen. www.sf.tv, Fr 34.90.
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«White Flag», DVD bei Urban Flye, Luzern, urban.frye@frye-burger.ch, gratis erhältlich.
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«Knowledge Is The Beginning», Doppel-DVD, bei Warner Classics im Verkauf, Fr. 62.-.
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«La Paloma», Film kommt ins Kino, DVD kostet 18 Euro. bereits 6 CD bei Trikkont erhältlich, je 20 Euro.
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«Grozny Dreams», Frenetic Films Zürich will den Film vor dem Sommer in den Kinos starten.