12 Punkte zum Diskutieren und Handeln

Eltern müssen am Ball bleiben. Neue Medien. Einheitiche Altesrlimiten wären nur ein Anfang für einen besseren Jugendschutz von Hans-Peter Wäfler, MZ 28. 8. 2008

Vielen Dank, dass die MZ das Thema der einheitlichen Alterslimiten bei Kinofilmen als Anfang eines besseren Filmjugendschutzes aufgreift. Einverstanden sind wohl alle: Es muss endlich etwas, ja eigentlich vieles geschehen. Doch es wäre schade, dass am Schluss nichts geschieht, weil die Aufgabe zu umfassend angegangen oder eben nicht angegangen wird. Ich möchte – aus 37 Jahren Erfahrung in einer kantonalen Kommission des Jugendfilmwesens – dazu ein paar konkrete und einigermassen leicht realisierbare Vorschläge machen.

  1. Die Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz müsste eine gesamtschweizerische Kommission bilden, bestehend aus maximal 30 Personen, ausgewählt aus den bisherigen kantonalen Kommissionen.
  2. Diese Kommission braucht eine Geschäftsstelle. Zürich bietet sich an, weil die dortige Kommission über dreissig Jahre Erfahrung hat und die meisten Verleiher in Zürich domiziliert sind.
  3. Jeden Film begutachten drei Filmsachverständige, bei einer Pressevorführung oder im Hauskinos des Filmverleihers, und geben ihre Stellungnahme ab.
  4. Dafür braucht es Kriterien, die aus den bestehenden Grundlagenpapieren der seit Jahren arbeitenden kantonalen Kommissionen neu redigiert werden müsste. Hier finden sich bereits zahlreiche gute Ansätze.
  5. Als konkreten Vorschlag für die Beurteilung könnte jeder Film zwei Altersangaben erhalten: Erste Zahl bedeutet «frei gegeben ab», die zweite Zahl «empfohlen ab».
  6. Es können für jede Angabe alle Zahlen zwischen 6 (oder darunter) und 16 (Erwachsene) verwendet werden, die mehr oder weniger weit auseinander liegen oder sich sogar decken.
  7. Diese Entscheide würden sofort auf eine neu zu schaffende Website gebracht werden, wo sie Kinobesitzer, Verleiher, aber auch Eltern, Lehrpersonen und Jugendliche einsehen können.
  8. Gibt es bei den drei Begutachtern keinen klaren Entscheid oder ist der Verleiher mit den Entscheid nicht einverstanden, findet eine zweite, abschliessende Visionierung mit andern Begutachtern statt.
  9. Grundsätzlich bleibt, dass die Altersfreigabe von Kinofilmen auch in Zukunft ein Thema des Jugendschutzes, genauer des Filmjugendschutzes, nicht der Wirtschaft, der Filmförderung ist.
  10. Bestehen bleibt, dass jede Einstufung, auch bei grösstem Bemühen um Sachlichkeit und Fachlichkeit, subjektiv ist. Verbessert werden mit diesem neuen Vorgehen lediglich die Widersprüche zwischen den Kantonen.
  11. Nicht beantwortet ist damit die Frage der Einstufung von DVDs, die grundsätzliche Frage des Verbotes extrem brutaler Filme auf DVD und die grundsätzliche Intensivierung der medienpädagogischen Arbeit.
  12. Grundsätzlich müsste bei den DVDs eine Lösung wohl in der Übernahme einer ausländischen Beurteilung angegangen werden, für dann die ganze Schweiz verbindlich werden.

Mit diesem 12-Punkte-Programm, welches selbstverständlich zu diskutieren und zu beschliessen ist, kann in absehbarer Zeit wenigstens ein erster Schritt gemacht werden. Dies kann dann vielleicht beflügeln, die andern Fragen anschliessend zügig anzugehen. Sollten die föderalistischen Bremskräfte die Lösung weiterhin verhindert, müsste ein Eingreifen des Bundes ins Auge gefasst werden, welches ähnlich funkioniert wie das letzte Machtwort des Bundes im Bildungsartikel.

Davon erschienen:

Vielen Dank, dass die MZ das Thema der einheitlichen Alterslimiten bei Kinofilmen wieder einmal aufgreift. Ich möchte, aus 37 Jahren Erfahrung in einer kantonalen Kommission des Jugendfilmwesens, dazu ein paar konkrete und realisierbare Vorschläge machen. (Die ungekürzte 12-Punkte-Fassung dieses Textes findet sich auf www.hanspeter.stalder.ch/dossiers/leserbriefe/12-punkte-zum-diskutieren-und-handeln.)

Die Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz müsste möglichst bald eine gesamtschweizerische Kommission bilden, mit maximal 30 Personen, ausgewählt aus den kantonalen Kommissionen. Drei Filmsachverständige begutachten jeden Film. Dafür brauchen sie Kriterien, die aus den bestehenden z. T. guten Konzepten der kantonalen Gremien zu redigieren sind. Jeder Film erhält zwei Altersangaben: erste Zahl «frei ab», zweite «empfohlen ab», wobei alle Zahlen zwischen 6 und 16 möglich sind. Die Entscheide werden ins Internet gestellt, wo sie der Öffentlichkeit zugänglich sind. Grundsätzlich muss auch künftig die Altersfreigabe von Kinofilmen eine Aufgabe des Jugendschutzes, nicht der Filmförderung bleiben. Wenn auch die Urteile eines gesamtschweizerischen Gremiums weiterhin subjektiv bleiben, werden so wenigsten die unschönen Widersprüche zwischen den Kantonen eliminiert. Noch zu lösen sind die Frage der Einstufung von DVDs, bei deren Beantwort wohl eine Lösung mit ausländischen Beurteilungen angestrebt werden müsste, die dann aber für die ganze Schweiz verbindlich zu erklären wären.

Mit diesen Bausteinen wäre in absehbarer Zeit wenigstens ein erster Schritt möglich, der dann die Politiker beflügeln könnte, die weiteren Fragen zügig anzugehen. Sollten die föderalistischen Bremskräfte eine Lösung weiterhin verhindert, müsste wohl auch hier ein Eingreifen des Bundes angepeilt werden, das ähnlich funkioniert wie beim Bildungsartikel.