Welt in Sicht

«Land in Sicht» rief Kolumbus, als er am 14. August 1502 Amerika entdeckt hatte. «Welt in Sicht», der Titel des Jubiläumsbuches von trigon-film klingt daran an und weist gleichzeitig darüber hinaus. Seit zwanzig Jahren gibt es den Verleih, der bis heute 280 Filme aus Afrika, Asien und Lateinamerika in die Schweizer Kinos, leider nur wenige ins Fernsehen gebracht hat.

Das veritable Standardwerk über das Filmschaffen der Kontinente des Südens und Ostens enthält Aufsätze und Interviews von Walter Ruggle, dem engagierten Leiter, zu allen Filmen und den wichtigsten Themen. Es ist eine meisterhafte Hinführung zum innovativen, persönlichen und anregenden Eine-Welt-Kinos.

«Welt in Sicht» steht für den Paradigmenwechsel, der anzeigt, dass es nur eine uns allen gemeinsame Welt gibt. In diesem Sinne filmen, schreiben und sprechen die Cineasten, was im Kern für alle Weltbürger Gültigkeit hat. Das Betrachten all dieser Filme wäre die adäquate Lebensschule für den Umgang mit der Welt von morgen. Als Ersatz für die Filme, die in ihrer Schönheit und Sinnlichkeit ihr Publikum intellektuell und emotional ganzheitlich erfassen, nachfolgend fünf Texte von Filmern von dort für die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hier.

Andere mit Freude kennenlernen

«Dem Kino und der Kultur verdanken wir, dass wir die anderen kennenlernen und besser kennen können und dass dies nicht über die Angst geschehen muss, sondern über die Freude geschehen kann», Daniel Burman, Argentinien. Filmkunst ist, wie sie trigon-film vertritt, ein Medium, das Lebenskunst und Sinn vermittelt, noch wichtiger als die Lebenswissenschaften, die doch nur selten den Kern, das Herz des sozialarbeiterischen Tuns treffen.

Mit der eigenen Sprache sprechen

«In Europa wartet man immer noch darauf, dass wir Filme in der Filmsprache der Europäer oder Nordamerikaner machen, anstatt dass man endlich wahrnehmen würde, dass auch wir eine eigene Sprache haben», Fernando Solanas, Argentinien. Die Soziale Arbeit weiss, dass es verschiedene Sprachen gibt: jene der Unangepassten, der Verzweifelten und Verwirrten, der Resignierten und Gewalttätigen usw., die oft nicht verstanden werden.

Begeistern mit Leidenschaft

«Um einen Film zu machen, benötigst du einen gewissen Abstand, um klar zu sehen. Gleichzeitig begeisterst du dich so leidenschaftlich für dein Thema, dass du dich sehr nah damit verbunden fühlst. Es ist eine Wechselbeziehung zwischen Abstand und Nähe, die nie endet», Patricio Guzmán, Chile. Das Nähe-Distanz-Thema kann auch ander gesehen werden. Abstand zu wahren, lehrt die Wissenschaft; Nähe, Begeisterung und Leidenschaft vermittelt die Kunst.

Ein Augenblicke mit dem Freund

«Sind wir so verschieden, dass wir unterschiedliche Definitionen für das eine Wort «menschlich» benötigen? Ich möchte, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem Eindruck aus meinem Film herauskommen, einen Augenblick mit einem Freund verbracht zu haben», Edward Yang, Taiwan. In der Sozialen Arbeit spricht man vermehrt von Professionalität. Mit diesem Autor plädiere ich für mehr Amateurismus: d.h. Liebhaberinnen und Liebhaber, Freundschaft.

Momente zum Innehalten

«Im Leben eines Menschen gibt es immer wieder Momente, in denen man innehalten muss, um zu erkennen, was getan worden ist und was zu tun bleibt», Soulyemane Cissé, Mali. Time Out heisst es im Sport, Exerzitien in der Spiritualität. Bevor die Soziale Arbeit und das Leben der darin Engagierten Routine wird, ist Innehalten, ist Fragen angesagt: Was mache ich im Grunde täglich? Was wünsche ich eigentlich? Was gibt meiner Arbeit, was meinem Leben Sinn?

Ungezählte ähnliche Anregungen und Herausforderungen liefern die Filmemacherinnen und Filmemacher mit ihren Filmen oder ihren Statements, wenn Film als Siebte Kunst verstanden wird, welche die Welt zu deuten versucht, und nicht als Schlaf- und Beteubungsmittel mit Nebenwirkungen, bei denen auch kein «Quantum Trost» mehr hilft.

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«L’intervention divine», Elia Suleiman, Palästina


ODER

«Land in Sicht» rief Christoph Columbus, als er am 14. August 1502 Amerika entdeckt hatte. «Welt in Sicht», der Titel des Jubiläumsbuches* von trigon-film, erinnert daran und weist gleichzeitig darüber hinaus auf eine moderne Sicht der Welt.

Seit zwanzig Jahren gibt es den Filmverleih, der bis heute mehr als 280 Werke aus Afrika, Asien und Lateinamerika in die Schweizer Kinos vermittelt hat. Dieses Standardwerk über das Filmschaffen der Kontinente des Südens und Ostens enthält Aufsätze und Interviews von Walter Ruggle zu allen Filmen. Meisterhaft führen sie zum innovativen, persönlichen und anregenden Eine-Welt-Kinos, das nicht Hollywood bestimmt.

Eine Welt mit neuer Universalität

«Welt in Sicht» steht für den Paradigmenwechsel, der besagt, dass es nur eine uns allen gemeinsame Welt gibt. In diesem Sinne filmen, schreiben und sprechen die Cineasten, was für alle Weltbürger gültig ist. Das Betrachten all dieser wunderbaren Filme wäre die adäquate Lebensschule für den Umgang mit der Welt von morgen in ihrer Universalität. Als Ersatz für den Besuch der Filme, die in ihrer Schönheit und Sinnlichkeit ihr Publikum intellektuell und emotional ganzheitlich erfassen, nachfolgend fünf Texte von Filmern dort für Seniorinnen und Senioren hier.

Menschen mit Freude kennen lernen

«Dem Kino und der Kultur verdanken wir, dass wir die anderen kennenlernen und besser kennen können und dass dies nicht über die Angst geschehen muss, sondern über die Freude geschehen kann», Daniel Burman, Argentinien. Filmkunst ist ein Medium, das Lebenskunst und Lebenssinn vermittelt, meist wichtiger als die exakten Lebenswissenschaften, die doch nur selten den Kern, das Herz des Handelns in der Welt treffen.

Mit andern Perspektiven zum Frieden

«Ein Film ist für mich wie ein Kristall, den man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten kann. Je nach Perspektive verändern sich die Eindrücke», Akira Kurosawa, Japan. Würden wir dies mehr beherzigen und nicht immer nur meinen, meine Perspektive sei die einzige, würden mehr Gespräche, Auseinandersetzungen entstehen. Und durch diese würden sich oft Streit und Kriege erübrigen. Wir hätten mehr Frieden und Menschlichkeit.

Von der Ratio zur Religion

«Wenn man versucht, einen rationalen Weg zu folgen, wird man oberflächlich. Wenn man aber auf das hört, was aus der tiefsten Seele kommt, kann das Ergebnis diese Arbeit alle berühren und eine tiefe, universelle Kommunikation herstellen», Bae Yong-kyun, Südkorea. Auf sich hören, dem, was man hört, trauen. Und wir erhielten mehr Vielfalt an Einsichten, Erfahrungen und schliesslich Wissen. Denn nicht die Ratio ist das Umfassende, sondern die Seele. Hier beginnt auch, was Religio meint, die nach oben eine Verbindung schafft.

Sich neuem Sinn öffnen

«Im Leben eines Menschen gibt es immer wieder Momente, in denen man innehalten muss, um zu erkennen, was getan worden ist und was zu tun bleibt», Soulyemane Cissé, Mali. Time Out heisst dies im Sport, Exerzitien in der Spiritualität. Bevor das Leben zur Routine verkümmert, sind Innehalten und Fragen angesagt: Was mache ich im Grunde täglich? Was wünsche ich mir im Grunde? Was gibt meiner Arbeit, meinem Leben Sinn? Für viele Menschen bieten grosse Filme die modernen Formen der Sinnsuche.

Schule des Verweilens

«Man läuft oft einem Traum nach, und wenn man ihn erreicht hat, nimmt man ihn nicht wahr», Nacer Khemir, Tunesien. Warum? Weil man nur auf das Ziel und nicht links und rechts schaut. Weil man seine Sinne konzentriert, statt öffnet. Weil man sich nicht die nötige Zeit lässt, dass die Seele mitkommt. Viele Filme gerade des Südens und des Ostens laden zur Ruhe ein, zum Verweilen bei sich und den andern.

Ungezählte ähnliche Anregungen und Herausforderungen liefern die Filmemacher und Filmemacherinnen mit ihren Werken oder ihren Statements, weil sie Filme als Kunstwerke verstehen, die die Welt zu deuten versuchen.

 

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 «Yiyi», Edward Yang, China

Walter Ruggle: Welt in Sicht – Filmische Reisen durch Lateinamerika, Afrika und Asien, edition trigon-film, Ennetbaden 2008, 503 Seiten, 280 Fotos, Fr. 49.-