Die KSM hat Schulsozialarbeit
Als Beni
Beeli 1998 in seiner leisen und besonnenen Art zum ersten Mal in der
Schul-pflege die Einrichtung von Schulsozialarbeit an der KSM
angesprochen hatte, war er für viele der Zeit voraus. Sein
Anliegen wurde von den Gremien dann jedoch aufgenom-men, weiter
bearbeitet und in der Öffentlichkeit diskutiert. Heute ist das
Postulat Reali-tät: Am 1. November 2002 beginnt Sylvia Roth
Stappung an der KSM als Schulsozial-arbeiterin ihre Tätigkeit.
Jetzt sind
wir damit nicht mehr der Zeit voraus, sondern ganz im Trend
fortschrittlicher Schulentwicklungen. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass
man in der Publikums- und Fachpresse etwas darüber lesen kann. Und
in Stadt Zürich haben die Stimmbürger kürzlich
entschieden, dass in jedem dritten Schulhaus Schulsozialarbeit
eingeführt wer-den soll. „Das Volk will in die Kinder
investieren“, meinte die Sozialvorsteherin Monika Stocker zu
diesem Entscheid des Souveräns.
Was ist Schulsozialarbeit?
Unter
Schulsozialarbeit werden alle Interventionen der Sozialen Arbeit in der
Schule und in Zusammenarbeit mit der Schule gezählt, die als
geeignet erachtet werden, sozia-le Problemlagen von Kindern und
Jugendlichen möglichst frühzeitig aufzugreifen und ihnen mit
niederschwelligen Massnahmen zu begegnen.
Schulsozialarbeit
soll darauf ausgerichtet sein, “Probleme zu lösen, die die
Kinder hin-dern, von der Schule zu profitieren, die die Institution
Schule behindert, auf die Kinder eingehen zu können, die das
Verhältnis zwischen den Fachkräften in der Schule
blo-ckieren“ (F. Nieslony).
Warum brauchen wir sie?
Die Welt
– also auch die Jugend – hat sich in den letzten
Jahrzehnten fundamental ver-ändert. Dem muss die Schule Rechnung
tragen, denn sie hat in dieser Gesellschaft mit diesen Kindern zu
wirken. Lamentieren, die Gesellschaft, die Eltern, die Kinder
müssten anders sein, nützt da nichts.
Wir
verzeichnen heute einen massiven Anstieg der Scheidungsrate und des
Anteils fremdsprachiger Kinder, betonte kürzlich Bildungsdirektor
Rainer Huber. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft, die kaum
mehr verbindliche Werte kennt. Unsere Welt zeichnet sich durch hohe
Mobilität und ein enormes Tempo aus, was sich auch auf die
psychische und physische Gesundheit der Jugendlichen auswirkt. Die
Arbeitswelt hat sich in unseren Breitengraden wesentlich
verändert. Die Rollen von Mann und Frau werden anders definiert
als vor zehn Jahren. Der heutige Mensch ist wesentlich
„aus-sengesteuert“ (David Risman), wird wesentlich von den
Massenmedien geprägt.
Bildungsauftrag – Erziehungsauftrag
Dies alles
wirkt auch auf den Bildungsauftrag der Schule ein. Dass dieser Auftrag
in einer Demokratie immer wieder zu Auseinandersetzungen Anlass gibt,
ist selbstver-ständlich. Schulsysteme, Lehrpläne,
Fächerkataloge und Methoden werden in Frage gestellt, darüber
wird gestritten, grundsätzlich diskutiert, muss entschieden werden.
Während
Jahrzehnten war der Bildungsauftrag der ausschliessliche Auftrag der
Schule. Den Erziehungsauftrag erfüllten die Eltern,
unterstützt durch die Kirche und andere Au-toritäten. Dass
dies heute, aus den oben erwähnten und weiteren Gründen, in
vielen Fällen nicht mehr so ist, zeigt der Alltag jeder Schule.
Lehrerinnen
und Lehrer müssten Kindern beibringen, ruhig da zu sitzen, zu
gehorchen, sich zu konzentrieren, sich zu beherrschen, Rücksicht
zu nehmen, mit andern fair um-zugehen, Bedürfnisse richtig zu
formulieren, wo nötig zu verzichten, Regeln und Abma-chungen
einzuhalten usw. usf. All dies gehört zwar nicht zum
Kerngeschäft der Schule. Doch wenn diese Voraussetzungen nicht
erfüllt werden, ist das Unterrichten erschwert, das Lernen
behindert, die Bildung gefährdet.
Die überforderte Schule
Der
Bildungsauftrag aber verlangt, von der Wirtschaft, vom Staat und von
der Welt ge-fordert, ein immer grösser werdendes Mass an Wissen
und Können als Rüstzeug für das (Berufs-)Leben. Doch
dafür fehlt in der Schule die Zeit, wenn Störungen im
Erzie-herischen diese wegfressen. Und die Lehrerschaft ist
überfordert, bei zwanzig und mehr Schülern diesen
Nach-Erziehungsauftrag zu erfüllen, wenn der Erziehungsauftrag oft
von den Eltern bei den eigenen Kindern nicht erfüllt wurde. Lehrer
sind keine Sozialar-beiter, keine Sozial- oder Heilpädagogen,
keine Mediatoren oder Gruppendynamiker, keine Troubleshooter,
Therapeuten oder Supervisoren.
Wenn
Lehrerinnen und Lehrer auch noch diese Aufgabe zu erfüllen haben,
kommt es nicht gut heraus: für die Kinder und die Lehrkräfte.
Zwanzig Prozent der Lehrerschaft seien „ausgebrannt“ und
nochmals so viele seien „burnout-gefährdet“, haben
Untersu-chungen festgestellt. (Schweizer Lehrerinnen- und
Lehrer-Zeitung, 12. Januar 1995). Auch dieser Tatsache möchten wir
mit der Einführung der Schulsozialarbeit präventiv begegnen.
Denn Prävention ist volkswirtschaftlich billiger und
pädagogisch wirksamer als spätere Kriseninterventionen,
Heimeinweisungen oder Strafverfolgungen.
Aus dem Pflichtenheft
Die
Aufgaben und Kompetenzen der Schulsozialarbeiterin an der KSM sind wie
folgt umschrieben. Nachfolgend einige Ausschnitte aus dem Pflichtenheft:
• Die Beratung, Betreuung und Vermittlung von Sachhilfen geschieht nach fachlichen und berufsethischen Kriterien.
• Sie ist Ansprechperson für die Lehrerschaft bei Fragen und Problemen.
• Die Schulsozialarbeiterin berät Schülerschaft, Lehrpersonen, Eltern, Behörden und andere Dienste.
• Sie
leistet Arbeit in Schulklassen zu sozialen Themen wie Aggression,
Mobbying, Rassismus, Drogen, Behinderungen, Multikultur.
•
Schulsozialarbeit dient als niederschwellige Anlaufstelle in Krisen-
und Konfliktsitua-tionen und weist bei Bedarf an andere Institutionen
weiter.
• Die
Schulsozialarbeiterin leistet Präventionsarbeit und trägt zur
Schulhauskultur bei, indem sie mit Einzelnen, Klassen, in Lagern und
Projektwochen arbeitet.
• Sie
bietet der Schule Informationen in Sachen Sozialer Arbeit an, erteilt
Auskünfte an Ratsuchende, Behörden und andere Dienste.
• Sie leistet Vernetzungsarbeit zwischen Schule, Schulpsychologischem sowie Kin-der- und Jugendpsychiatrischem Dienst, Jugend- und Familienberatung, Suchtpräventi-on, Berufsberatung, der offenen Jugendarbeit Mutschellen und weiteren Institutionen.
• Der
Schulsozialarbeiterin obliegt es, ihre Arbeit konkret auszugestalten
und in Zu-sammenarbeit mit der «Jugendarbeit im
Klassenverband», die Paul Tuor mit einem 30%-Pensum seit Jahren
in den Realklassen durchführt, den aktuellen Bedürfnissen
anzupassen.
Dass
Silvia Roth mit ihrer vorläufig 50%-Anstellung nicht all diese
Aufgaben erfüllen kann, liegt auf der Hand. Sie wird nach dem
Rezept handeln müssen: So viel, wie nötig, so wenig, wie möglich.
Qualitätsmanagement
In
modernen Betrieben spricht man immer häufiger von
Qualitätsmanagement. Die KSM arbeitet sei Jahren daran. Sie hat
mit diesem Ziel sich im Lauf
der letzten Jahre ein Leitbild gegeben, Schulleitungen eingesetzt,
verschiedene Formen der Fremd- und Selbstbeurteilung der
Lehrkräfte und jetzt – neben den bestehenden Diensten
– neu die Schulsozialarbeit eingeführt.
Mit diesem neuen Angebot soll die Kreisschule Mutschellen für die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und die Schulpflege noch besser werden, soll an Qualität gewinnen – zum Wohle der Kinder und Jugendlichen.