Schule + Soziale Arbeit = Schulsozialarbeit
Eine Initiative der Kreisschule Mutschellen
Am 4. Mai
versammelten sich in der Kreisschule Mutschellen (KSM) über
sechzig Vertreterinnen und Vertreter der lokalen Schulpflegen und
Gemeinderäte, der Abgeordneten des Kreisschulverbandes, der
Lehrerschaften, der Spezialdienste der Schulen, des Departements
Bildung, Kultur und Sport (BKS) sowie interessierte Eltern zu einer
Orientierung zum Thema «Schule und Soziale Arbeit –
Schulsozialarbeit». Ziel der Veranstaltung war, mit Zuzug
externer Fachkräfte das Wesen, die Unterschiede und das Gemeinsame
von Schule und Sozialer Arbeit kennen zu lernen, sich Überblick zu
verschaffen über andernorts realisierte Modelle der
Schulsozialarbeit, Klärung zu gewinnen, welche Bedürfnisse
auf dem Mutschellen durch Schulsozialarbeit abzudecken sind, die
Diskussion für ein «Modell Mutschellen» der
Schulsozialarbeit auszuweiten.
«Angesichts
wachsender sozialer Probleme im Umfeld von Schulen müssen Schulen
und Jugendhilfe traditionsreiche Abgrenzungen überwinden und neue
Wege der Zusammenarbeit finden.» So begann Dr. Hannes Tanner, der
Leiter der Abteilung Weiterbildung, Dienstleistungen, Forschung an der
Höheren Fachschule für Sozialpädagogik Luzern, sein
Referat. Schule und Sozialpädagogik haben je verschiedene Ziele,
die sich jedoch ergänzen. Sie fördern verschiedene
Qualifikationen bei den Jugendlichen und erfüllen andere bildungs-
respektive sozialpolitische Aufgaben. Alle, die mit der heutigen Schule
vertraut sind, kennen diese Probleme, haben mehr oder weniger
schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht.
Bedingt
durch neue gesellschaftliche Normen, einen fundamentalen Wertewandel,
ein sich veränderndes Rollenverhalten von Mann und Frau, neue
Familienstrukturen, Auswirkungen durch Migration und
Multikulturalität, neue Formen des Aggressions- und
Suchtverhaltens usw. stürzen heute riesige Aufgaben auf die
Lehrerinnen und Lehrer und die ganze Schule ein, auf die sie nicht
vorbereitet sind, die sie oft überfordern.
Es gibt Lösungen der Probleme
In
Einzelfällen leistet die Schule zwar immer wieder diese neuen
Aufgaben. Doch steigern sich seit einiger Zeit die Probleme in eine
Dimension, dass Schule nicht mehr immer garantiert werden kann. Der
geforderte Spagat zwischen Bildungs- und Erziehungsauftrag misslingt
gelegentlich.
Die Schule
braucht also Hilfe! Und diese kann – unter anderem – die
Sozialarbeit, die Sozialpädagogik und die soziokulturelle
Animation bieten. Diese drei Ausformungen der Schulsozialarbeit sind
Angebote zur Unterstützung der Lehrkräfte, damit diese sich
ihrer Kernaufgaben besser widmen können. (Dass mit solchen
Massnahmen in Zukunft auch vermehrt gute Lehrerinnen und Lehrer
für die Schule zu gewinnen sind, ist die berufspolitische
Komponente der Schulsozialarbeit.)
Vielerorts
in der Schweiz und im Ausland gibt es bereits Schulsozialarbeiterinnen
und Schulsozialarbeiter, die einzelnen Kindern, der Lehrerschaft,
ganzen Klassen, vielfältigen Freizeitseinrichtungen und den
Behörden mit ihren niederschwelligen, vernetzten und multivalenten
Angeboten helfend, beratend und begleitend zur Verfügung stehen.
Schulsozialarbeit ist, wenn sie richtig eingeführt wird, kein
waghalsiges Experiment. Es stehen den Planern vielfältige
Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
Siehe Fachhochschule für Soziale Arbeit beider Basel: www.schulsozialarbeit.ch.
Viele Wege führen zum Ziel
Wie solche
Schulsozialarbeit aussehen kann, erläuterte Dr. Christa
Hanetseder, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Pestalozzianum in
Zürich: «Aufgrund des Modells der Zusammenarbeit sind drei
(Haupt-)Formen denkbar, das Projekt der Sozialen Arbeit mit der Schule
zu verbinden: Integration oder Subordination, Distanz oder Addition,
Kooperation.» Und sie fährt weiter, dass
SchulsozialarbeiterInnen als HelferInnen, als BeraterInnen, als
SupervisorInnen, als «ZusatzlehrerInnen» für gewisse
Unterrichtseinheiten, als Coaching-Personen, als Fachleute für
spezifische Themenfelder (wie Gewalt, Sucht, Migration, Begabung)
auftreten. – Es gibt sie also, die Antworten auf diese
drängenden Fragen, die der Schule von der Gesellschaft heute als
Mehrlast (im Gegensatz zum Mehrwert) gestellt werden!
Die
Antworten verlangen in jeder Region, jeder Schule, jedem Team eine
andere Form. Daraus leiten sich die nächsten Aufgaben ab, die von
der Kreisschule und den Verantwortlichen auf dem Mutschellen zu
lösen sind.
Dass die
Schule Hilfe braucht, ist unbestritten, ebenso unbestritten ist, dass
Schulsozialarbeit in ihren vielfältigen Formen dies leisten kann.
Offen bleibt die Frage: Welche Form der Schulsozialarbeit ist hier die
richtige?
Gesucht: die «Mutscheller Schulsozialarbeit»
Auf dem
Mutschellen gibt es bereits eine Reihe von Teilantworten auf diese
Herausforderung. 1. hat die KSM während mehr als zwei Jahren im
Rahmen von Segra ein Leitbild erarbeitet, Schulleitungen
eingeführt, Teamentwicklung in Gang gesetzt und
Qualitätsmanagement initiiert. 2. hat die Realschule – und
dies ist eine Eigenkreation der KSM – «Jugendarbeit im
Klassenverband» (JAK) entwickelt und realisiert, nach der ein
Mitarbeiter der offenen Jugendarbeit in einem Teilpensum für die
Realklassen tätig ist. (Dieser bescheidene, jedoch erfolgreiche
Anfang zeigt eventuell die Richtung auf, in welche die
«Mutscheller Schulsozialarbeit» sich weiter entwickeln
kann.) 3. unterhalten die Verbandsgemeinden einen Schulpsychologischen
Dienst und können die Schulen die Dienste der Jugend- und
Familienberatung in Bremgarten und des Jugendpsychiatrischen Dienstes
in Wohlen in Anspruch nehmen. 4. bieten auf dem Mutschellen die
Jugendkommission und weitere kirchliche und private Gruppierungen
zahlreiche Angebote der offenen Jugendarbeit an, die indirekt auch der
Schule zu gute kommen. – Wenn also Teilantworten, d.h.
Teilprojekte einer Schulsozialarbeit bereits vorliegen, gilt es jetzt
vielleicht bloss, diese zu ergänzenden, abzurundend, in einem
konsistenten System zu vereinigen, um dann zu realisieren und zu
bezahlen.
Zur
Diskussion steht also nicht, etwas völlig Neues zu schaffen,
sondern – das wurde bei den intensiven Gesprächen beim
Apéro nach der Veranstaltung deutlich – die bestehenden
Angebote besser zu vernetzen, die bereits eingeführten Dienste
(beispielsweise JAK) zu erweitern, die Dienste auch für die
Dorfschulen nutzbar zu machen und das Ganze einer breiteren
Öffentlichkeit zu kommunizieren.
Wie weiter?
Überzeugt,
dass Handlungsbedarf besteht, fragte eine Teilnehmerin gegen Schluss
des Abends, wie es nun weiter gehen soll? Die Schulpflege der
Kreisschule, die das Projekt vor zwei Jahren aufgegriffen und vor einem
halben Jahr eine Umfrage durchgeführt hatte, welche die
Bedürfnisse für Schulsozialarbeit klar ausweist, wird das
Projekt weiter verfolgen.
Als erstes müsste sie wohl – so meiwww.hanspeter.stalder.chne persönliche Einschätzung – zu einem Roundtablegespräch mit allen Beteiligten einladen, die vorhandenen Angebote auflistet und analysieren, Überschneidungen bereinigen, Synergien anstreben, um dann Lücken und Mängel aufzuspüren. Auf diesen Grundlagen wäre ein Konzept mit Strukturplan, Budget und Profil der «Mutschellen-Schulsozialarbeit» zu erarbeiten, das in einem nächsten Schritt vom Ausschuss des Kreisschulverbandes zu prüfen ist.