Abdel-Hadi, Hakam: Der hungrige Suleiman

Hakam Abdel-Hadi wurde 1939 in Jenin geboren. Damals war Palästina noch britisches Mandatsgebiet. Sein Vater verdiente den Lebensunterhalt für die zwölfköpfige Familie als Gerichtsschreiber. Nach dem Abitur ging Hakam nach Deutschland und nach einem missglückten Start im Ingenieurswesen jobbte er als Hilfsarbeiter, bis er sich für das Studium der Volkswirtschaft entschied, womit er seinem Interesse für Politik näher kam. Über vierzig Jahre war er Journalist, u. a. bei der Deutschen Welle und dort für Nahost und die arabische Welt zuständig. Als Medienfachmann half er nach 1994 die palästinensischen Medien in Ramallah aufzubauen und lehrte einige Zeit an der Universität Birzeit.

Abdel-Hadis kurz gefasste Biografie eignet sich als Zugang zur «biografischen Erzählung», so die etwas seltene Bezeichnung des Buches. Denn einerseits verdichtet sich darin die palästinensische Geschichte zur Familiengeschichte, anderseits erweitert sich die Familiengeschichte zur palästinensischen Geschichte. Und auf beiden Ebenen spielt der Hunger eine zentrale Rolle. Während es in der Familiengeschichte Suleimans unstillbarer Appetit ist, waren Hunger und Hungersnöte im Palästina der 1910er Jahre eine Tatsache, nicht nur als Hunger wegen fehlendem Essen und Trinken, sondern auch als Hunger auf Besitz respektive Aufbegehren über die verlorenen Häuser und Ländereien. «Der hungrige Suleiman. Vom Lachen und Weinen in Palästina» ist zweifellos die künstlerisch erweiterte Biografie des Vaters und der Familie des Autors, die sich jedoch immer wieder über das Persönliche hinaus ins Gesellschaftliche erhebt, etwa in der Figur des Widerstandskämpfers. Womit wohl eine grundlegende Figur der historischen Entwicklung Palästinas zwischen 1910 und 1977, aber auch der aktuellen Befindlichkeit gezeichnet ist. Der Autor schuf eine dezidiert politische und gleichzeitig eine sinnlich poetische palästinensische Geschichte des Heiligen Landes.

Hakam Abdel-Hadi: Der hungrige Suleiman. Vom Lachen und Weinen in Palästina. AphorsmA Verlag, Berlin 2010