Gavron, Assaf: Achtzehn Hiebe. Roman

Alles begann mit den Liebesgeschichten zwischen zwei britischen Soldaten und zwei jüdischen Mädchen im Palästina des Jahrs 1946. Der israelische Schriftsteller Assaf Gavron erzählt von den Folgen dieser Geschichten und wie sie einen Taxifahrer im heutigen Tel Aviv auf Trab halten.

Gavron Asaf

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«Ich heisse Eitan Einoch», so stellt sich der Held oder Antiheld des Romans auf Seite 19 vor, «alle nennen mich Krokodil. Ich bin Taxifahrer, vierundvierzigeinviertel Jahre alt, boxe in meiner Freizeit, bin so weit wie möglich Vater und geschieden, Exehemann, Exberühmtheit, Exjerusalemer und Exdetektiv. Vor elf Jahre war ich für ein paar Augenblicke berühmt, nachdem ich innerhalb einer Woche drei Terroranschläge überlebte und man mich zu Talkshows im Fernsehen und Radio einlud.» Die Geschichte kommt in Fahrt und Eitans Leben ändert sich total, als er den Auftrag bekommt, eine charmante alte Dame täglich zum Friedhof zu fahren. Die Lebensgeschichte dieser Lotta Perl fasziniert ihn, und jeden Tag erfährt er ein bisschen mehr über ihre grosse Liebe zu dem britischen Soldaten, den sie gerade begraben hat, und über das Leben in Palästina kurz vor der Gründung des Staates Israel. Als Lotta plötzlich spurlos verschwindet, versucht Eitan herauszufinden, was geschehen ist: Jetzt, in Tel Aviv, und damals in Haifa, im Palästine des Jahres 1946, als alles mit den Liebesgeschichten zwischen zwei britischen Soldaten und zwei jüdischen Mädchen begann.

Wie jeder gute Kriminalfilm führt auch Assaf Gavron uns an der Nase herum: schafft immer neue Verunsicherungen, Verwirrungen, Komplikationen und schickt uns auf neue Fährten im Dickicht der Vermutungen und Analysen. Er erzählt unterhaltsam, anschaulich, spannend und klug, indem er Zeiten, Orte und Perspektiven wechseln, die Kapitel mit «Cliffhangern» miteinander verbindet, speziell an diesem Text, wie er Sex und Krimi ineinander flicht, am schönsten im Schlusskapitel. Der Autor situiert die Handlung zeitlich und räumlich exakt und baut die politische Geschichte elegant in die kriminalistische ein: «Also zuerst mal die Mandatszeit. Grossbritannien hat angefangen, gegen Ende des Ersten Weltkriegs, 1917, in Palästina zu regieren, nachdem die Gegend Hunderte von Jahren vom Osmanischen Reich beherrscht worden ist. Die Briten waren einunddreissig Jahre hier, bis zur Staatsgründung 1948. Sie schwankten die ganze Zeit, ob sie den Juden helfen sollten, eine nationale Heimstätte zu errichten, und sie ins Land kommen lassen, oder ob sie die Interessen der Araber, die schon vorher da waren, wahrnehmen sollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte der Druck seinen Höhepunkt: Die Juden flüchteten aus Europa und viele versuchten hierher zu kommen, die Araber fühlten sich bedroht und fürchteten, dass man ihnen den Staat wegnehmen würde, die Briten versuchten, in der Mitte zu stehen, aber alles, was sie machten ärgerte irgendjemand.» (132)

Assaf Gavron wurde 1968 in einem Dorf nahe Jerusalem geboren, studierte in London und Vancouver und lebt heute mit seiner Familie in Tel Aviv. «Achtzehn Hiebe» ist spannende und kluge Unterhaltung mit wissenswerten Hintergründen. Sie beschreibt, neben der britischen, ausschliesslich die israelische Seite, lässt die palästinensische weg.

Gavron, Assaf: Achtzehn Hiebe. Roman. Luchterhand, München 2017, 414 Seiten