Jörg Bremer: Unheiliger Krieg im Heiligen Land

Die Krisen und Kriege des Nahen Osten hat Jörg Bremer wie nur wenige andere im «Auge des Zyklons» erlebt. Kaum hatte er 1991 in Jerusalem sein Büro für die «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» bezogen, schlugen irakische Scud-Raketen in Israel ein. Fortan berichtete er bis 2009 von dort über den Nahostkonflikt, aber auch über Geschichte und Archäologie, über Gesellschaft und Religion, gleichermaßen auf isaelischer wie palästinensischerf Seite. Mit einer starken Redaktion im Rücken konnte er sich aller Anfeindungen und Erpressungsversuche von den verschiedenen Seiten erwehren und war so fast zwei Jahrzehnte ein fairer, aber leidenschaftlicher Berichterstatter des Konfliktes. Jetzt ist er «FAZ»- Korrespondent in Rom.

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Vielen Lesern galten seine Berichte als die besten aus der Krisenregion in deutscher Sprache: informativ, objektiv und zugleich engagiert. Er hat mit Rabin, Netanjahu und allen anderen Ministerpräsidenten ebenso intensive Gespräche geführt wie mit Arafat und sämtlichen Palästinenserführern, mit Geheimdienstchefs ebenso wie mit Opfern auf beiden Seiten. Bremer erzählt in seinen Erinnerungen an jene Zeit auch, was er in der Zeitung nicht immer schreiben konnte, und er kritisiert die vermeintlichen Freunde Israels genauso wie die fanatischen Anhänger der palästinensischen Sache. Seine Beobachtungen gehen bis Ende 2010. Als frühere Israel-Publikationen von ihm sind anzuführen: «Israel und Palästina, eine illustrierte Kulturgeschichte» (2000), «Israel, wo Zeit und Ewigkeit sich treffen» mit Karl-Heinz Geppert (1998), «Israel – Land der Verheissungen und gebrochenen Versprechen», mit Photos von Florian Adler (1997).

Jörg Bremers Buch ist keine Einführung für Nahost-Anfänger, sondern eine höchst informative Vertiefung und Bereicherung für Menschen, welche die Geschichte und Problematik des Landes in groben Zügen bereits kennen, denen auch das ausführliches Personenverzeichnis dient. Durch sein profundes Wissen der Sachverhalte und die unzähligen persönlichen Begegnungen, die er im Laufe seiner neunzehn Israel-Jahre gesammelt hat, finden auch gut informierten Leserinnen und Leser immer wieder neue unbekannte Details, unerwartete Gesichtspunkte für die Interpretation und nützliche Tipps, vor allem über Jerusalem. Das Buch, eine Sammlung von Beiträgen in höchster journalistischer Form geschrieben, leuchtet die Hintergründe und Perspektiven des Nahostkonflikts in immer neuer Angehensweise aus. Es ist ein Mosaik aus tragischen und komischen Geschichten über die Menschen und das Land, das er liebte und das er nicht ohne Wehmut, aber ohne jede Illusion über die Zukunft verlassen hat.

Jörg Bremer: Unheiliger Krieg im Heiligen Land. Meine Jahre in Jerusalem. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 2010, 256 Seiten