Kadelbach Ulrich: Bethlehem zwischen Weirauch und Tränengas

Vor seiner Pensionierung war der Theologe und Kunsthistoriker Ulrich Kadelbach Jahre lang als Nahost-Beauftragter des Evangelischen Missionswerks Südwestdeutschland tätig. Von den damaligen Erfahrungen und Kontakten profitierte dann, als er in der Rolle eines ökumenischen Begleiters das Buch über Bethlehem schrieb und darin Frauen und Männern dieser Stadt zu Worte kommen liess.

Das Buch mit vierzig kurzen Kapiteln ist keine wissenschaftliche Analyse und keine systematische Geschichtsschreibung. Kadelbach schildert, leicht lesbar und ohne Vorwissen verständlich, informations- und erlebnisreich das Leben der Palästinenserinnen und Palästinenser und ebenso der Christinnen und Christen, die in andern Veröffentlichungen meist fehlen. Auch dem Caritas Baby Hospital widmet er ein ganzes Kapitel. Ohne je zu polemisieren, lässt er zwischen den Zeilen erahnen, wie die Palästinenser unter dem Joch der israelischen Besatzung leiden. Zur Vertiefung der Beobachtungen fragt er immer wieder nach den religiösen und politischen Hintergründen und Zusammenhängen des Konfliktes. Die Dialektik dieser Stadt spiegelt sich im Untertitel: Bethlehem mit Tränengas, Checkpoints, Siedlungen und Bethlehem mit Weihrauch, Gebeten und Aktionen engagierter Palästinenser, Christen und Juden. Er legt Zeugnis ab von dem, was er gehört, gesehen und gespürt hat, auch wenn dies in Deutschland nicht überall gern gelesen wird. Denn viele Meinungsmacher in Medien und Politik, bis hin zu Angela Merkel, sind immer noch der Ansicht, der mehr als 60-jährige Ausnahmezustand dürfe nicht kritisiert werden, weil Deutschland in der Nazi-Zeit sechs Millionen Juden umgebracht habe. Doch Schweigen wäre eine neue Sünde, meint der Autor. Auch für Schweizer sind diese Nachrichten aus Bethlehem wichtig, da auch bei uns ein Teil der Öffentlichkeit und der Politik weiter an die israelischen Mythen glaubt und sie weitererzählt.

Ulrich Kadelbach: Bethlehem. Zwischen Weihrauch und Tränengas. Gerhard Hess Verlag. Bad Schussenried 2011. 204 S