de Winter, Leon: Das Recht auf Rückkehr

Als der vierjährige Bennie spurlos verschwindet, denkt sein Vater, Bam Mannheim, erst an einen Unfall, dann an ein Verbrechen. Er tut alles, um seinen Sohn wiederzubekommen. Dass das Verschwinden des Jungen mit Weltpolitik zu tun haben könnte, entdeckt er erst viele Jahre später. Diese private Geschichte bindet der Autor ein in eine hochpolitische, wenn auch utopische. Doch wenn, wie heute, alle logischen und psychologischen Analysen keinen Schimmer von einer Hoffnung erkennen lassen für eine Lösung des Nahostkonfliktes, so ist vielleicht doch die dichterische Phantasie ein Weg, der weiterführt. Leon de Winter formuliert als Betroffener, er ist Jude, doch gleichzeitig als Unabhängiger, er lebt in Holland.

Ob Israel im Jahr 2048 den hundertsten Geburtstag der Staatsgründung feiern wird, ist in seiner Vision höchst unwahrscheinlich, wenn Israel wie in den letzten Dezennien fortlaufend nur neue Probleme schafft, keine löst. Probleme, die in der Vergangenheit und Gegenwart vor allem die Palästinensern Leid brachten, in Zukunft, so ist wahrscheinlich, auch Israel selbst in Schwierigkeiten bringen, wenn nicht gar in den Untergang treiben. Seine Zwischenbilanz im Jahre 2014: Das kleine jüdische Land ist zu einem Stadtstaat von der Fläche Gross-Tel-Avis geschrumpft. Dass neue Formen von Selbstmordanschlägen, wie sie im Buch praktiziert werden, in Zukunft noch vermehrt die alten Kriege ablösen, glauben heute schon viele. Nicht so die Politiker, die mit Kriegen immer noch Prestige und Gewinne verbuchen.

«Das Recht auf Rückkehr» ist ein Roman, mit seinen häufigen Zeitsprüngen nicht gerade leicht lesbar, der in seiner Ansiedlung der Handlung in der Zukunft auch politisch zukunftweisend sein könnte. Denn die alten Herren der Geschichte haben wirklich ausgedient, schaffen keine Lösungen, nur immer neues Chaos. Wenn Leon de Winter mit seinen Zukunftsbildern das Bewusstsein einer breiteren Bevölkerung im Nahen Osten, aber auch in Europa und Amerika bewegen könnte, hat er auch seinen politischen Auftrag erfüllt; für seinen Auftrag als Literat ist er bereits anerkannt und ausgezeichnet. Im Gegensatz zu Amos Oz und David Grossman, erkennt und beschreibt hier ein Autor keine Hoffnung für den Judenstaat, sondern nur seinen Untergang.

Nachtrag vom 13. März 2010: Angesichts der neuesten Aktionen der etnischen Säuberung des Apatheid-Regimes der Israelischen Regierung muss man sich einen solchen eigentlich wünschen.

Leon de Winter: Das Recht auf Rückkehr, Diogenes, Zürich 2009, 549 Seiten