Darwisch, Mahmud: Weniger Rosen. Gedichte

Will man ein Land oder ein Volk kennen lernen, greift man zu dokumentarischen Berichten, dann zu Romanen und Filmen und erst am Schluss zur Poesie. Doch auch diese kann etwas von der «Seele» einer Gesellschaft spürbar und erlebbar machen. So etwa die Gedichte des 1941 bei Akko in Palästina geborenen und am 9. August 2008 in Houston verstorbenen Dichter Mahmud Darwisch. Wer sich die Zeit nimmt, diese Texte sorgfältig zu lesen, spürt darin etwas von der Seele eines Palästinensters, eines Flüchtlings, eines Weltenbürgers, eines Menschen auf dem Weg. Sätze, Worte und Bilder wie die folgenden können einen vielleicht ansprechen und anregen zu eigenen Sätzen, Worten und Bildern:

«Ich sage: Ich werde diesen langen Weg zurücklegen, bis ans Ende… bis ans Ende meiner selbst.» «Ich bin von hier, und ich bin von dort und bin weder hier noch dort.» «Ich habe Brüder. Freunde. Und einen Kerker mit einer kalten Fensterluke.» «Die Erde fasst uns nicht mehr. Sie pfercht uns in den letzten Duchrgang, wir reissen uns die Glieder ab, um hindurchzukommen.» «Er umarmt seinen Mörder, um ihn milde zu stimmen: Wärst du sehr böse auf mich, wenn ich überlebte? Bruder… oh mein Bruder! Was hab’ ich getan, dass du mich ermorderst?» «Der Getötete in uns wird den Getöten töten, um die Augen des Getöteten zu vergessen und sich zu trösten.» «Dürfen wir hier sein… jetzt? Dürfen wir sein? Und hier unsere Mauern bauen, hier selbst… hier um eine alte Mauer?» «Gebäre mich… gebäre mich, damit ich weiss, auf welcher Erde ich sterben und auf welcher Erde ich wiederauferstehen werde.» «Warum hast du der Seele Schuhe geschickt? Damit sie auf der Erde laufen kann, sagte ich.»

Mahmud Darwisch: Weniger Rosen. Gedichte. Verlag Hans Schiler. Berlin 20053.120 Seiten