Selim, Nahed: Nehmt den Männern den Koran!

Im Namen des Islam werden Muslimas in aller Welt missbraucht, eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht – gerechtfertigt durch die von männlichen Theologen vollzogene Auslegung des Koran. Nahed Selim, selbst gläubige Muslima, räumt mit den Jahrhunderte alten Fehlinterpretionen auf und zeigt einen andern Islam: eine Religion, die Männer und Frauen gleichberechtigt sieht und so auch eine Verbinung von Tradition und Moderne, Glauben und Wissen ermöglicht.

In vielen Beispielen zeigt sie, wie der Koran aus einer patriarchalen Zeit stammt und die Männer es immer verstanden und verstehen, unter unzähligen Lesemöglichkeiten jene zu wählen und zu predigen, die ihnen ihre Herrschaft sichert. Porträts von Aischa, Zainab und Hafsa, drei der elf Frauen Mohammeds, belegen, dass diese mit einem aufgeklärten, emanzipierten Frauenbild vereinbar sind. Zum Schluss analysiert sie den Sittenwandel, der eigentlich Unsitten-Wandel heissen müsste, da er vor allem die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen legitimiert. «Wie die Bibel, die Thora oder die buddhistischen Schriften können die Korantexte in vielerlei Weise gelesen und gedeutet werden: auf einem buchstäblichen, rationalen, aber auch auf einem allegorischen, mystischen oder innerlichen Niveau», meint die Autorin und vernetzt so die feministische Islam-Diskussion mit andern Religionen.

Nahed Selims Buch ist leicht zu lesen, sie schreibt kritisch, doch vor allem perönlich. Ayaan Hiersi Ali, die bekannte Islam-Kritikerin, meint: «Auch muslimische Frauen haben das Recht, zu bestimmen, was sie glauben wollen. Nahed Selim beweist, dass die Auslegung des Koran Männersache war – und dass das nicht so bleib en darf.»

Nahed Selim: Nehmt den Männern den Koran! Für eine weibliche Interpretation des Islam. 331 Seiten, Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-24943-0