Sand, Shlomo: Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit

Der israelische Historiker Shlomo Sand zählt zu den führenden Intellektuellen Israels und zu den schärfsten Kritikern der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Er wurde 1946 als Kind polnischer Juden in Linz geboren. Übersiedlung der Familie nach Israel. Nach dem Studium der Sozialwissenschaften in Paris lehrt Sand Geschichte an der Universität Tel Aviv. Sein letztes Buch «Die Erfindung des jüdischen Volkes» wurde zum internationalen Bestseller und löste heftige Debatten unter den Fachleuten aus. Im Nachgang wendet er sich nun dem andern grossen Gründungsmythos Israels zu, jenem vom «angestammten Land», von «Eretz Israel». Es gibt kein «historisches Anrecht» der Juden auf das Heilige Land der Bibel, sagt Sand. Diese Idee sei ein Erbe des unseligen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, begierig aufgegriffen von den europäischen Zionisten jener Zeit. In kolonialistischer Manier hätten die Juden zur Landnahme in Palästina und zur Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aufgerufen, die dann nach der Staatsgründung 1949 konsequent umgesetzt wurde. Entgegen der israelischen Unabhängigkeitserklärung und heutiger Regierungspropaganda hat es ursprünglich auch nie ein Streben des Judentums nach Rückkehr in das «Land der Väter» gegeben.

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Sand betont das Recht der Palästinenser auf ihr Heimatland und appelliert an die israelische Gesellschaft, sich den historischen Tatsachen zu stellen und endlich einen Ausgleich mit ihren palästinensischen Nachbarn zu suchen. Ich muss eingestehen, dass dieses Werk mit seinen 386 Verweisen und einem 6-seitigen Personenregister, in welchem über Tausende von Fakten gestritten wird, meine Kompetenz übersteigt, wenn es auch insgesamt und verbunden Aussagen anderer Neuer Historiker als überzeugend und glaubwürdig erscheint. So oder so: ein Berg von wichtigen Informationen, mit denen die Geschichte Israels und Palästinas und die Situation im Nahen Osten erleuchtet wird.

Sand, Shlomo: Die Erfindung des Landes Israel. Mythos und Wahrheit. Propyläen. Berlin 2012. 396 Seiten