Sikseck, Ayman: Reise nach Jerusalem

Sikseck, Ayman: Reise nach Jerusalem

Aus dem Leben eines Palästinensers in Israel: Die Geschichte eines jungen Mannes, der, 1984 als Palästinenser in Jaffa geboren, nach Jerusalem geht, um dort an der Hebräischen Universität Literatur zu studieren. Als Fremder in Jerusalem verläuft er sich bei seiner Rückkehr auch in Jaffa zwischen den zahlreichen Neubauten. Und mit der Liebe fühlt er sich wie in einem Labyrinth. Er kann sich nicht entscheiden zwischen der jüdischen Nitzan, die als Soldatin ihre Landsleute vor den arabischen Feinden schützt, und der arabischen Freundin Scharihan, die er nur heimlich treffen darf, solange er nicht bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hat. Der Roman scheint autobiografisch zu sein. Denn der Autor Ayman Sikseck wurde ebenfalls 1984 in Jaffa geboren, ist Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft, gehört also zu dem Fünftel in Israel lebenden Arabern. Nach seinem Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft an der gleichen Universität verfasste er neben Aufsätzen und Essays die Kolumne «Jaffa – Tel Aviv» für das Feuilleton der «Haaretz».

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«Wir neigen dazu, aggressiv und aufgeregt über den israelisch-arabischen Konflikt zu diskutieren. Ayman Sikseck gewährt uns ganz unaufgeregt tiefe Einblicke in die Komplexität der Situation», meint Yudit Shahar in der «Haaretz» (!). Für mich ist der Roman etwas zu «unaufgeregt»? Denn er richtet den Fokus ausschliesslich auf das kulturelle Nebeneinander, die Identitästssuche und das Sich-hin-und-hergerissen-Fühlen eines bezüglich Bildung, Finanzen und Wohnort Privilegierten: die alltäglichen Verschiedenartigkeiten, nicht die grundsätzlichen, politischen, religiösen, existenziellen Widersprüche des Lebens in Israel/Palästina. «Reise nach Jerusalem» ist original auch nicht auf Arabisch, sondern Hebräisch erschienen. Gewöhnungsbedürftig erscheint mir auch, dass einem bloss 147-seitigen Erstlingsroman ein 7-seitiges «Nachwort» folgt, zudem verfasst von Hanan Hever, einem Literaturprofessor ebenfalls von der gleichen Universität (!), der uns vorschlägt, wie das Buch zu verstehen ist. Schön und unterhaltsam geschrieben ist das Buch, doch ich weiss nicht, warum ich mich für den Erzähler interessieren soll, ich vermisse eine klare gesellschaftliche und politische Relevanz.

Sikseck, Ayman: Reise nach Jerusalem. Roman. Arche Verlag, Zürich 2012. 155 Seiten