Altmann, Andreas: Verdammtes Land. Eine Reise durch Palästina


Unter der immensen frommen oder weniger frommen christlichen, islamischen und jüdischen Literatur über Israel und Palästina hier, nach meiner Kenntnis, der erste Autor, der als erklärter Atheist Israel und Palästina bereist, dort hinschaut, hinhorcht und persönlich und kompetent kommentiert. Ein Ereignis!

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© Wolfgang Schmidt
Andreas Altmann studierte Psychologie und Jura und arbeitete in verschiedenen Berufen, u. a. als Taxifahrer, Anlageberater, Nachtportier und Dressman. Nach Ausbildung und mehreren Engagements als Schauspieler lebte er in einem indischen Ashram und einem Zen-Kloster in Kyoto. Lange Reisen führten ihn durch Afrika, Asien und Südamerika. Er veröffentlichte Reportagen im Geo, Stern und Merian, publizierte 17 Bücher und erhielt den Egon-Erwin-Kisch-Preis, den Weltentdecker-Preis, eine Auszeichnung der Deutschen Aids-Stiftung, den Reisebuchpreis und den Johann-Gottfried-Seume-Preis.

Das «heilige Land» ist in Wirklichkeit ein «verdammtes Land», verdammt zu Unfrieden, Gewalt und Hoffnungslosigkeit, resumiert der Autor sein spannendes und informatives Buch. Ist es, so fragt er, vielleicht gerade deshalb verdammt, weil es für Juden, Christen und Muslimen heilig sein muss? Um solchen Fragen zu beantworten, spricht er auf seinen Streifzügen durch Palästina und Israel mit Juden, Muslimen und Christen, versucht zu verstehen, was sie bewegt und woher der Hass kommt, der die Palästinenser zu Opfern der israelischen Politik und manchmal auch zu Tätern macht. Die palästinensische Hip-Hop-Band DAM hat es, wie er vermeldet, in einem Text aus der Zeit der zweiten Intifada besungen, was leider auch heute noch Gültigkeit hat: «Ihr habt die arabische Seele vergewaltigt, nun ist sie schwanger und gebiert ein Kind namens Terroranschlag.»

Altmann bereist die Städte und Dörfer auf der Suche nach den besonderen Geschichten, die ihm und uns helfen, die Situation vor Ort ein wenig besser zu verstehen. Das gelingt ihm ausgezeichnet mit spektakulären Erlebnissen, Begegnungen und Beobachtungen, beschrieben voller Brutalität und Poesie, immer aber mit Leidenschaft und Engagement. Seine Beschreibungen und unerwarteten Folgerungen werden da und dort Widerspruch wecken, weil er sich von keiner vorgefassten Meinung, Ideologie oder Religion den Blick verstellen lässt. Wenn wir das Buch mit ähnlicher Unvoreingenommenheit lesen, wie es geschrieben ist, beginnen wir, oft auf überraschende Weise, das Schicksal der Menschen in diesem geliebten, verdammten Land neu zu verstehen. Ein kluge und mutige Herausforderung, diese Reise durch Palästina!

Altmann, Andreas: Verdammtes Land. Eine Reise durch Palästina, Piper Verlag, München 2014, 303 Seiten