Hass, Amira: Gaza, Tage und Nächte in einem besetzten Land
Amira Hass, die einzige israelische Journalistin von Weltruf, die unter den Palästinensern lebt, zeichnet in ihrem Standardwerk über den Gazastreifen das Bild einer Gesellschaft zwischen Fatalismus und Hoffnung, zwischen Ausweglosigkeit und Überlebenswillen.
Die Autorin, Tochter osteuropäischer Holocaust-Überlebender, ist Korrespondentin der Israelischen Zeitung «Ha’aretz». 1933 fasste sie den Entschluss, in den Gazastreifen zu ziehen, fünf Jahre später siedelte sie nach Ramallah um. Sie gilt als intimste Kennerin des palästinensischen Lebens und wurde für ihre ungewöhnlichen und mutigen Reportagen 1999 mit dem «World Press Hero Award» und 2002 mit dem «Prince Claus Award» und dem «Bruno Kreisky Preis für Verdienste um die Menschenrechte» ausgezeichnet.
Nicht theoretische Analysen enthält das Buch, sonden spannend geschriebene Reportagen aus dem alltäglichen Leben der Menschen in Gaza, die auf hunderten von Gespräche mit Palästinenserinnen und Palestinensern fussen. Sie vermittelt Informationen, die für die meisten ihrer Landsleute neu sind – und sie trotzdem kaum interessieren. Uns zeigt sie, was im Tagesjournalismus oft zu kurz kommt: die wirklichen Menschen, ihre Sorgen und Freuden, ihr Hoffen und Verzweifeln. Wir bekommen das Gefühl, bei den einzelnen dabei zu sein. Und gleichzeitig erfahren wir grundsätzliche psychologische, politische, ökonomische und soziologische Hintergründe. Vieles wird verstehbar und erlebbar, was uns bisher verborgen blieb. Hass schildert Situationen mit den Augen einer hoch professionellen Journalistin und zeichnet Menschen mit den Worten einer Schriftstellerin voll Anteilnahme und Sympathie. Dabei geht sie in ihren Analysen auf beiden Seiten kritisch vor und nimmt kein Blatt vor den Mund.
Weder pro-israelisch, noch pro-palästinensisch
Sie will aufrütteln und schafft sich damit selbstverständlich nur wenig Freunde. So sind ihre Kontakte zu offiziellen Armee-Pressestellen Israels seit Jahren abgebrochen. Doch nicht nur die Israelis, sondern auch die palästinensische Autonomiebehörde beobachtet sie mit Misstrauen. Arafat etwa hielt sie für unfähig, die Interessen seiner Landsleute zu verteten und prangerte Misswirtschaft und Korruption seines ineffektiven Beamtenmapparates an.
Zu diesen ganzheitlichen, Intellekt und Emotionen berührenden Reportagen bietet das Buch viele wissenswerte Fakten: eine «Zeittafel» über den Raum vom 9. Dezember 1987 bis zum 6. Juni 2004, «Anmerkungen» mit Hintergrundinformationen sowie im «Epilog für die deutsche Ausgabe» vom 22. September 2002 eine Interpretationshilfe, welche ihre Schilderungen über Gaza von 1991 bis 1997 in Beziehung setzt zu dem, was sich später im Westjordanland wiederholt hat.
Vier Stimmen zum Buch und eine Lesehilfe
«Unentbehrlich für das Verständnis des israelisch-palästinensischen Konflikts.» Die Zeit
«Eines der aussergewöhnlichsten Zeitdokumente, die in den letzten Jahren zum Nahostkonflikt veröffentlicht wurden.» Der Tagesspiegel
«Amira Hass ist eine der ganz Grossen des Journalismus. Für alle, die verstehen wollen, wie das Leben der Palästinenser nach ihrer ‚Befreitung’ wirklich aussah, ist ihr Buch Pflichtlektüre.» Süddeutsche Zeitung
(Die Autorin) «liefert mit ihrem Bericht nicht nur die‚ umfassendste Chronik’ zum Alltag in den besetzten Gebieten, sondern auch eine scharfe Analyse des israelisch-palästinensischen Konfliks.» Neue Zürcher Zeitung.
Für Leserinnen und Leser, die über den palästinensisch-israelischen Konflikt noch nicht über sehr viel Wissen verfügen, empfiehlt es sich, die letzten 47 Seiten am als Einleitung zu lesen.
Amira Hass: Gaza, Tage und Nächte in einem besetzten Land, Deutscher Taschenbuch Verlag, München1996, 2003