Cockburn, Patrick: Chaos und Glaubenskrieg. Reportagen vom Kampf um den Nahen Osten *

Kein westlicher Reporter hat von den kriegerischen Ereignissen im arabischen Raum und im Nahen Osten so intensiv berichtet wie der aus Irland stammende Korrespondent des englischen «Independent», Patrick Cockburn. Aus nächster Nähe dokumentiert er Glaubenskriege und Chaos im Irak, in Libyen, in Syrien und im Kalifat des Islamischen Staates.

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In «Chaos und Glaubenskrieg» sind erstmals Reportagen von Patrick Cockburn aus den Brennpunkten der Weltpolitik in deutscher Sprache versammelt. Er berichtet von den dramatischen Folgen des 1990 verhängten Embargos gegen den Irak, indem er dessen Opfer porträtiert. Er erzählt vom Aufstand der Sunniten gegen die amerikanischen Truppen im Irak, indem er deren Protagonisten interviewet. Und er begleitet die Bewohnerinnen und Bewohner Syriens auf dem Weg in die Katastrophe, genauso wie jene Menschen, die unter der Herrschaft des IS-Kalifats leben müssen. Eine ausführliche «Einleitung» und «Das Nachwort: Acht Kriege» rahmen das Buch und betten die Texte in einen grösseren Zusammenhang ein. Die Kapitel mit den Reportagen heissen: «Die Besatzung des Irak»; «Der Arabische Frühling»; «Syrien: Revolution und Gegenrevolution»; «Die Geburt des Kalifats».

Diese 15 Reportagen sind eine Anklage an die westlichen Kriegstreiber und die lokalen Warlords, die eine ganze Weltregion ins Chaos gestürzt haben. Nicht zu übersehen ist für mich auch das unselige Wirken der Religionen, wie einst der Glaubenskriege im Christentum in Europa, jetzt der Fraktionen des Islams. Cockburn, geboren 1950 in Irland, erhielt für seine journalistische Tätigkeit zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Martha-Gellhorn-Preis und den Preis für den Auslandkorrespondenten des Jahres 2014.

Als Bewertung kann ich mich den Rezensenten der englischen Originalausgabe von 2016 anschliessen: «One of the best informed on-the-ground journalists. He was almost always correct on Iraq», Sidney Blumenthal in an email to then-Secretary of State Hillary Clinton; «Quite simply, the best Western journalist at work in Iraq today», Seymour Hersh; «Has anyone covered this nightmare in the Greater Middle East better than the world’s least embedded reporter, Patrick Cockburn? Not for my money. He’s had the canniest, clearest-eyed view of developments in the region for years», Tom Engelhardt, Tom Dispatch.

Das Spezielle dieses Reportagen-Buches ist für mich der Standort, von dem aus die Glaubenskriege und das Chaos betrachtet werden, und die Form des Dabei-Seins, wo die Ereignisse «in statu nascendi» und «hautnah» vorgestellt werden. Das ist einmalig und dem grossen Journalisten Patrick Cockburn zu verdanken.

Cockburn, Patrick: Chaos und Glaubenskrieg. Reportagen vom Kampf um den Nahen Osten- Pro Media Verlag, Wien 2017,263 Seiten