Grossman, David: Diesen Krieg kann keiner gewinnen
Warum brach der so hoffnungsvoll begonnene Friedensprozess ab? Auf welche Weise lässt sich die Spirale der Gewalt überhaupt noch beenden? Und wie verändert sich das private und öffentliche Leben, wenn die Gesellschaft zunehmend militanter, nationalistischer und ökonomisch instabiler wird? David Grossman (1954), bedeutendster Erzähler Israels und bekannter Friedensaktivist, stellt diese Fragen und gibt in 37 Aufsätzen aus der Zeit von 1993 bis 2003 darauf Antwort.
Ein Verdienst des Autors ist es, dass hier ein bedeutender israelischer Intellektueller sich mit Verve für sein Volk engagiert und gleichermassen die Palästinenser in seine Analyse einbezieht. Alle Aufsätze zusammen ergeben ein umfassendes Bild der Situation; einzelne Beiträge behandeln Einzelereignisse. Das Buch führt uns auf eine lange und schmerzliche Reise zwischen Hoffen und Verzweifeln. Zahllose Aussagen wären erwähnenswert. Geblieben ist mir die Antwort, die an einem Nordirland-Symposium auf die Frage, wie es zum Frieden kam, gegeben wurde: «Es gab einen Moment, in dem ich einfach verstand, dass dieser Krieg nicht zu gewinnen ist». Dass der Krieg in Nordirland achthundert Jahre gedauert, mindert die Hoffnung. Wenn es, wie Grossman schreibt, so weiter geht mit diesem «Pas de deux, bei dem man die Hände zaghaft und vorsichtig zur Versöhnung ausstreckt und die Partner dann plötzlich mit brutalen, gemeinen Fusstritten übereinander herfallen» und wenn man berücksichtigt, dass die aktuelle Weltpolitik sich heute vor allem mit dem Kasinokapitalismus, nicht mit Israel/Palästina beschäftigt, bleibt nur noch Hoffnungslosigkeit. – Doch gerade in dieser Situation verdient es die Analyse von David Grossman, gehört und diskutiert zu werden.
David Grossman: Diesen Krieg kann keiner gewinnen. Chronik eines angekündigten Friedens. Fischer Taschenbuch Verlag. Frankfurt am Main 2006. 199 S.