Manea, Elham: Ich will nicht mehr schweigen *

 

Elham Manea wurde in Jemen geboren, wuchs als Tochter eines Diplomaten in verschiedenen arabischen und westlichen Ländern auf, lebt heute in Bern, ist Dozentin am Institut für politische Wissenschaften an der Universität Zürich und Mitglied des Vorstandes des Schweizer «Forums für einen fortschrittlichen Islam». Das mit spürbarer Emotionalität und gleichwohl wissenschaftlicher Sachlichkeit geschriebene Buch beginnt mit einer für die weitere Analyse wichtigen Selbstdarstellung: Ich bin, in genau dieser Reihenfolge, Humanistin, Araberin, Muslimin und Frau. Damit tritt sie gegen die reduzierende Darstellung «Ich bin Muslimin» an und schafft die notwendige Differenzierung, welche seit den Ereignissen von «9/11» in weiten Kreisen abhanden gekommen scheint. Als geistigen Horizont ihres Diskurses nimmt Manea die «Allgemeine Erklärung der Menschenrechte» von 1948.

Wo diese nicht respektiert oder zumindest als Ideal akzeptiert werden, gewinnt in allen Religionen der Extremismus an Boden. Mit Blick darauf fordert sie, eine gläubige Muslimin, einen «humanistischen Islam». Dessen vier wesentlichen Komponenten heissen: Menschsein kommt vor Religion; Wahlfreiheit und Rationalität; Schluss mit den Denkverboten; gleiche Rechte für Frauen und Männer. Diese engagiert und überzeugend vorgetragenen Komponenten verlangen, beispielsweise auf die Politik heruntergebrochen, eine Trennung von Staat und Religion. Auf die Philosophie und Theologie angewandt, eine historisch kritische Lektüre der religiösen Texten des Koran und der Hadithe, wie es analog dazu im Christentum die Exegese geleistet hat, während die breite, vor allem amerikanische Öffentlichkeit unkritisch immer stärker in die Nähe des Fundamentalismus rückt.

Elham Maneas Buch ist klug, mutig und provokativ! Klug, weil die Autorin radikal und quer zum Mainstream denkt; mutig, weil sie dafür von vielen «Rechtgläubigen» wohl bekämpft werden wird; provokativ, weil sie zum persönlichen Weiterdenken herausfordert.

Elham Manea: Ich will nicht mehr schweigen. Der Islam, der Westen und die Menschenrechte. Herder. Freiburg, Basel, Wien 2009. 200 Seiten