Hecht-Galinski, Evelyn: Das elfte Gebot: Israel darf alles *

«Ich habe Auschwitz nicht überlebt, um zu neuem Unrecht zu schweigen.» So lautete das Lebensmotiv von Heinz Galinksi (1912 – 1992), dem langjährigen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, und das übernahm seine Tochter Evelyn Hecht-Galinksi von ihm und wurde als in Deutschland lebende Jüdin Menschenrechtsaktivistin und Publizistin. Der vorliegende Sammelband enthält 44 Texte, die zwischen 26. September 2008 und 8. Februar 2012 online in der «Neuen Rheinischen Zeitung» (www.nrhz.de) erschienen sind, jetzt ergänzt durch ein Vorwort von Ilan Pappe und einem Nachwort von Gilad Atzmon. Die systematische Entrechtung der Palästinenser durch Israel in nahezu allen Lebensbereichen ist seit Jahrzehnten das Kernproblem in der ungelösten Palästinafrage. Bis auf den heutigen Tag bildet Israels völkerrechtswidrige Besatzungspolitik in der Westbank und im Gazastrip (mit Landnahme, Siedlungsbau, Mauer und Checkpoints, Annexion Ostjerusalems, politische und wirtschaftliche Unterdrückung usw.) das Haupthindernis auf dem Weg zu einem Frieden.

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Kritik an dieser Politik is vor allem in Deutschland ein Tabu und wird als «antisemitisch» diffamiert. Mit Entschiedenheit treten die Klartexte der Autorin dieser Instrumentalisierung des Antisemitismus als politische Waffe entgegen. Diese wenden sich vehement dagegen, Israelkritiker einzuschüchtern oder zum Schweigen zu bringen, unmissverständlich macht sie deutlich, dass gerade der Holocaust lehrt, historische Verantwortung zu übernehmen und gegen jedes Unrecht die Stimme zu erheben. Ebenso nachdrücklich kritisiert sie die deutsche Medienberichterstattung und die Politik der Regierung von Angela Merkel und des heutigen Zentralrats der Juden als «Sprachrohr der israelischen Regierung». Evelyn Hecht-Galinski zeigt sich in all ihren Positionen als mutige, unerschütterliche und unbequeme Querdenkerin. Sie schreibt an gegen jede Form von Geschichtsklitterung und Mythenbildung. Das Buch leistet einen Beitrag zum Verständnis des israelisch-palästinensischen Konflikts und zur Auseinandersetzung darüber in Deutschland und anderswo. Es stellt – neben Publikationen von Rolf Verleger, Moshe Zuckermann, Ilan Pappe und andern – eine ausgezeichnete Einführung in die aktuelle Entwicklung im Israel/Palästina-Konflikt und dessen Wahrnehmung in der deutschen Politik dar. Auch wenn die Medien in der Schweiz über Nahost Thema besser sind als in Deutschland, so ist die Politik, etwa die militärische Zusammenarbeit, alles andere als der Gerechtigkeit und dem Frieden verpflichtet.

Jede Zusammenstellung von Einzelartikeln zu einem Thema birgt grundsätzlich die Gefahr der Wiederholung, der Redundanz; vielleicht wären weniger Texte mehr gewesen. Dennoch: «Das elfte Gebot: Israel darf alles» von Evelyn Hecht-Galinski eignet sich ausgezeichnet als persönlicher und erschütternder, informativer und faktenreicher Einstieg in die aktuelle Situation des Nahostkonflikts und dessen Rezeption im Ausland. Ein notwendiges Buch, weil es bei den Meinungsmachern und den Entscheidungsträgern noch zu viele gibt, die immer noch mit Mythen statt mit Informationen arbeiten.

Hecht-Galinksi, Evelyn: «Das elfte Gebot: Israel darf alles». Palmyra Verlag, Heidelberg 2012, 223 Seiten