Nathan, Susan: Sie schenkten mir Dornen
Diskussionen über die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts kommen immer wieder zum Vorschlag: Die Menschen dort müssen sich gegenseitig kennen lernen, um sich vielleicht einmal verstehen zu können. Die heute sechzig-jährige Susan Nathan, in England geboren, während der Apartheid in Südafrika gelebt, machte das. Sie hatte einen Traum: Als gläubige Jüdin und überzeugte Zionistin wollte sie immer in Israel, dem Land der Verheissung, leben. Doch als sie beschloss, in das von Palästinensern bewohnte Gebiet, nach Tamra in der Westbank, zu ziehen, stiess sie bei ihren Freunden und Bekannten auf eine Mauer des Unverständnisses und der Ablehnung: Sie wurde ausgeschlossen aus dem Kreis der Einheimischen. Ihr Traum zerplatzte.
In «The Other Side of Israel» (so der Originaltitel) erzählt sie von ihrem Leben als Ausgegrenzte im eignen Land, sie lässt sich durch die Mauern des Schweigens nicht mundtot machen, sondern kämpft unbeeindruckt für ihre Rechte als Bürgerin in einem demokratischen Land und vertieft sich immer mehr in die Situation, in der die Palästinenser leben und lebten. In sieben Kapiteln – Die Strasse nach Tamra; Das Ende einer Liebesaffäre; Bürger zweiter Klasse; Nachklang der Apartheid; Die fehlende Linke; Eine traumatisierte Gesellschaft; Wohin jetzt? – erzählt sie, was sie gesehen, gehört, erlebt und reflektiert hat. Ein Situationsbericht aus dem von den Israelis besetzten Palästina im Jahre 2005. Das Buch hat die Qualität der zum Teil etwas früher aus ähnlicher Position geschriebenen Bücher von Amira Hass. Nathan schreibt persönlich, wird jedoch nie privat, bleibt immer allgemein verbindlich – und erschütternd. Gut lesbar, informationsreich, ergänzt durch ein Glossar von Jonathan Cook, Karten und einem umfangreichen Register, ist das Buch für mich, nach Karin Wengers «Checkpoint Huwara», das aktuellste Werk über diese Region.
Susan Nathan: Sie schenkten mir Dornen. Ausgegrenzt im Land der Verheissung. Bastei Lübbe. Bergisch Gladbach 2007. 383 Seiten