Wild, Petra: Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Die Zukunft eines demokratischen Palästinas *
... Es fungiert gleichsam als literarische Zwangsjacke der beharrlich Wegschauenden, den Blick auf den im Buch berichteten Schrecken ideologisch Verweigernden.» So beschreibt Moshe Zuckermann die Bedeutung der Berliner Forscherin und zu ihrem ersten Buch.
Die Dynamik des israelischen Siedlerkolonialismus hat die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung verunmöglicht, so sehr sie auch von offiziellen Stellen weiter propagiert wird. Petra Wild ortet eine Erosion des Zionismus und begründet diesen mit entstehenden Rissen im Konsens der jüdische-israelischen Bevölkerung, dem Scheitern Israels als regional dominierende Militärmacht, dem Schwinden einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit, der zunehmenden Abwendung der Juden in den USA und in Europa vom zionistischen Projekt sowie der erstarkenden internationalen Kampagne zum Boykott von israelischen Produkten.
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Vor diesem Hintergrund hat sich eine aus antizionistischen Israelis und Palästinensern bestehende Bewegung für einen demokratischen säkularen Staat auf dem Boden des historischen Palästinas entwickelt. Es geht dabei um den Entwurf eines Staates, in dem Juden, Christen, Muslime, einschliesslich der 1948 und 1967 vertriebenen Palästinenser, auf der Basis von gleichen Rechten zusammenleben. Wie ein solcher aussehen und welchen Beitrag er zu einer dauerhaften Lösung des über 100-jährigen Konfliktes leisten könnte, darüber geht es im zweiten Teil des Buches. Der dem Werk immanenten Logik folgend, kommt man zwingend zu einem Staat für Israeli, Palästinenser und andere. Dass beim Nahostkonflikt jedoch immer auch die übrige Welt mitspielt, macht mir im gegenwärtigen Zeitpunkt Sorgen, weil auf den Agenden der Grossen dieser Welt andere Themen stehen. Wir können nur hoffen, dass die weltweite Graswurzel-Bewegung die offiziellen Politiken besiegen und dass das Problem des Islamischen Staates bald gelöst wird.
Nach dem Erfolg ihres ersten Buches, «Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina. Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat», nach einem Jahr bereits in der 4. Auflage, schaut die Forscherin im zweiten vor allem in die Zukunft und findet dort, mit andern Wissenschaftlern zusammen, als neuen Ansatz die Ein-Staat-Lösung. Diese leuchtet sie von allen Seiten aus. Die verschiedenen Ansätze werden referiert, reflektiert und erstmals in eine Gesamtschau gebracht. Petra Wild tut dies in einer für Wissenschaftler ungewohnt verständlichen Sprache, mit phänomenalem Faktenwissen, erstaunlich luzider Analyse und dennoch spürbar als leidenschaftlich engagierte Mitstreiterin. Ich möchte das Buch all jenen «verschreiben», die schon einiges über den Nahostkonflikt wissen, hier jedoch «all in one» (mit 573 Zitaten, 20 Seiten Bibliographie) alles Wichtige kompakt erhalten – und gleichzeitig ermuntert werden, selbst etwas zu tun.
Wild, Petra: Die Krise des Zionismus und die Ein-Staat-Lösung. Die Zukunft eines demokratischen Palästinas. Promedia Verlag, Wien 2015. 250 Seiten, 4 Karten