Zumach, Andreas: Globales Chaos – machtlose UNO. Ist die Weltorganisation überflüssig geworden? *
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Für diese Zeitgenossen bietet das Buch von Andreas Zumach, «Globales Chaos – machtlose UNO», das erstmals im Januar 2015 erschienen ist und in einer bis Januar 2016 aktualisierten, zweiten Auflage in den Buchhandel kommt, harte und rationale Argumente für ihr Verzweifeln am Chaos: Fakten und Hintergründe, hier aus dem Fokus der UNO, einer Gründung gegen dieses Chaos. Das exakte und dennoch gut lesbare Werk wird niemanden beruhigen, sondern jedermann beunruhigen.
Ob in der Ukraine, Syrien, Irak, Israel/Gaza oder im sogenannten Krieg gegen den Terrorismus: In allen wesentlichen Gewaltkonflikten seit Beginn des Jahrtausends spielt die UNO kaum mehr eine politische Rolle bei den Bemühungen, diese Konflikte zu beenden und ihre Ursachen zu überwinden. Die Weltorganisation wird von ihren Mitgliedsstaaten reduziert auf die Rolle des humanitären Nothelfers für die Opfer dieser Konflikte. Und selbst für diese humanitären Aufgaben erhält die UNO von ihren Mitgliedern nicht mehr genügend Geld. Eine solche schwache und handlungsunfähige Weltorganisation halten viele inzwischen für überflüssig. Doch eine politisch effektive UNO wird heute ebenso dringend gebraucht wie bei ihrer Gründung vor 70 Jahren nach der Barbarei von Holocaust, Faschismus und Zweitem Weltkrieg.
Der Autor Andreas Zumach wurde 1954 in Köln geboren, studierte von 1975 bis 1979 an der dortigen Universität Volkswirtschaft und Journalismus, begann für Printmedien auf den Gebieten des Völkerrechts, der Menschenrechtspolitik, der Sicherheitspolitik, der Rüstungskontrolle und internationaler Organisationen zu schreiben. Seit 1988 arbeitet er für zahlreiche internationale Medien am europäischen Hauptsitz der Vereinigten Nationen in Genf. Bekannt wurde er durch sein Engagement in den 1970er Jahren in sogenannten Dritte-Welt-Gruppen insbesondere für das südliche Afrika und 2003 als Kritiker des dritten Golfkrieges. 2009 erhielt er den Göttinger Friedenspreis.
Eine UNO, die handlungsfähig ist bei der Bewältigung von Klimawandel, Hunger, Epidemien und anderen globalen Herausforderungen sowie bei der möglichst gewaltarmen und nachhaltigen Beilegung von Konflikten zwischen ihren Mitgliedsstaaten – eine solche wird es erst wieder geben, wenn die Mitgliedsstaaten zu wesentlichen Reformen bereit sind und alles daran setzen, die Weltorganisation zu deblockieren. Jedes Kapitel des spannenden Buches verdient eine ausführliche Würdigung, die ich nicht leisten kann: Von Syrien bis Ebola – das Scheitern der UNO-Mitgliedstaaten in den aktuellen Krisen und Konflikten; Erosion des Völkerrechts – UNO-Charta und Menschenrechtsnormen werden zu Makulatur; Bill Gates, Nestlé und das Global Compact – die neoliberale Privatisierung der UNO und der wachsende Einfluss von Wirtschaftsunternehmen; Rüstungskontrolle und Abrüstung im Rahmen der UNO – gefährdete Erfolge, unzulängliche Abkommen und häufiges Scheitern; Zu wenig Geld, keine eigenen Truppen – die Mitgliedstaaten verweigern der UNO die notwendigen Ressourcen. Abgeschlossen wir der Band mit einer kleinen Geschichte der UNO sowie einigen Anhängen. Exemplarisch nehme ich das Kapitel «Israel/Palästina – politische Rolle der UNO jahrzehntelang verhindert». Dieser 30-seitige Text zeigt mir, wie akribisch genau, wie aktensicher, wie klug analysierend der Autor vorgeht. Leserinnen und Leser, die sich kurz und knapp und dennoch kompetent und umfassend über den Nahostkonflikt orientieren wollen, sei dieses Kapitel empfohlen. Es ist geschrieben von jemand, der nahe und dennoch distanziert, engagiert und dennoch neutral schreibt, eben so wie es den grossen Journalisten auszeichnet. Nur so nebenbei wird einem dabei bewusst, welches Schmierentheater die Amerikaner im Nahostkonflikt spielten und spielen.
Zumach, Andreas: Globales Chaos machtlose UNO. Ist die Weltorganisation überflüssig geworden?, Rotpunktverlag, Zürich 2016, 264 Seiten