Beinart, Peter:Die amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft

Auf dem Papier ist Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten, doch die fortdauernde Besetzung und illegale Besiedlung der 1967 eroberten Gebiete zerstören diese systematisch. Der Jude und Zionist Peter Beinart zeigt in «Die amerikanischen Juden und Israel» («The Crisis of Zionism» 2012), warum sich immer weniger junge amerikanische Juden mit diesem Israel identifizieren. Dafür analysiert er den Zusammenstoss zwischen Obama und Netanjahu in der Nahostpolitik und beschreibt das Versagen der amerikanischen jüdischen Organisationen, die sich kritiklos in den Dienst der israelischen Regierung stellen und so ihre eigenen liberalen Wurzeln preisgeben. Anders als vor 50 Jahren besteht das Problem nicht mehr in der Schwäche des jüdischen Volkes, sondern in seiner Macht, mit der es umgehen muss. Schon in der nächsten Generation könnten die amerikanischen jüdischen Organisationen von Ultraorthoden dominiert werden. Das könnte das Ende eines liberaler Zionismus bedeuten, zu deren profiliertesten Vertretern Peter Beinart zählt. Des Traumes von einem jüdischen Staat, der gleichzeitig demokratisch ist.

Für mich ist dieses Buch des bei uns noch wenig bekannten jungen amerikanischen Wissenschaftlers das Gegenstück – und die Weiterführung ins Judentum – des Buches «Herr oder Knecht? Über das beispiellose Verhältnis zwischen Israel und den USA» seines emeritierten Kollegen James Petras, der untersucht, ob die USA Israel oder nicht eher Israel die USA beherrsche. Geht Petras gelegentlich etwas pauschal und polemisch vor, schreibt Peter Beinart hoch differenziert und so objektiv, wie es menschenmöglich ist. Seine persönliche Überzeugung als Jude macht ihn hellhörig für die Entwicklung des Judentums in Israel und den USA, die er zum Teil im Stundentakt ausleuchtet. Dabei vertritt er eine Zwei-Staaten-Lösung und argumentiert mit für mich fremden Begriffen wie einem «demokratisches und einem undemokratisches Israel».

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Die ersten Kapitel seiner wissenschaftlichen Arbeit liest sich wie ein intellektueller Krimi und gleichzeitig wie ein intimes Tagebuch, die Schlusskapitel suchen leidenschaftlich, persönlich, kritisch und selbstkritisch nach Lösungen. Solche Ernsthaftigkeit verdient höchsten Respekt – auch wenn ich wie wohl auch andere die Folgerungen nicht teilen, sondern ganz laienhaft fragen, ob nicht der Zionismus selbst den Grund des Dilemmas bildet. Das gut recherchierte, lesbar geschriebene und übersetzte Buch bringt jedem, der meint, er verstehe bereits einiges, neue Informationen und originelle Denkansätze.

Beinart, Peter: Die amerikanischen Juden und Israel. Was falsch läuft. C. H. Beck, München 2013, 220 Seiten